Blogeinträge (themensortiert)

Thema: Geschichtchen

Mal eine Nacherzählung des Tages

20 cm Schnee war gefallen, wäre es aber Pulverschnee gewesen, hätten wir wohl die doppelte Höhe gehabt. Diesmal aber war der Schnee patzig und schwer, so sehr, dass er sich auf den Straßen schnell in etwas verwandelte, dass in seiner Konsistenz eher einem gelblichen Gletscher oder sogar mit einiger Phantasie Türkischem Honig glich.

Auch zu Mittag war noch nirgends ein Straßenräumgerät zu sehen. Von den überhängenden Zweigen der Bäume waren dicke weiße Batzen auf die bucklige Fahrspur gefallen und hatten sich sofort in fiese Gletscherhügelchen verwandelt.
Drei Autos vor mir quälte sich ein Fahrschüler im Schrittempo weiter. Hinterher eine Autoschlange bis zum Horizont. Das arme Fahrschülerlein, dachte ich bei mir, diese Fahrstunde wird der wohl nie vergessen!
Auch auf der Autobahn war nicht geräumt worden. Aha, so war das wohl anno dazumal, jetzt beschäftigte ich mich damit, mich hineinfühlen, wie das früher so zuging. Ich sinnierte herum, weil ich fast allein auf der Autobahn fuhr. Später erfuhr ich, dass wegen diversen Autounfällen ein Stück weiter hinten einfach keiner mehr durchgekommen war. Ob die Straßenmeisterei uns mal vorführen wollte, wie es ohne sie zugeht?

Erleichtert erreichte ich meinen Arbeitsplatz. Und dann wütete ich sieben Schulstunden lang. Was ich damit meine? Ich spannte, im geistigen Sinn, alle Sehenen an. Vermutlich auch die Körperlichen, ich berserkerte. Jedenfalls ließ ich keinen noch so kleinen Haltungsfehler meiner Gitarreschüler durchgehen, freundlich aber bestimmt ließ ich kritische Stellen mindestens fünfmal wiederholen, erklärte eilig, warum und machte gleich auch selbst mit. Ich stopfte die Stunden voll mit Lehre und trieb alles weiter, intensiver wie je. Weil nächste Woche Ferien sind und knapp darauf das Schülerkonzert folgt. Da muss man ran, sonst geht sowas schief.

Abends 20 Minuten für das vorbestellte Essen im Stammcafé, ich würgte eilig runter, rülpste heimlich und eilte ins Theater. Die "Komödie im Dunkeln" wurde gegeben. Eigentlich ein Renner, aber das Theater war ungewöhnlich leer. Ob das an den inzwischen eh besseren Straßenverhältnissen oder am Protest der Abonnenten lag, war nicht zu eruieren.

Endlich zu Hause. Einheizen war mir schon fast zuviel. Als das Holz aber dann doch fröhlich knisterte, überfiel mich lähmende Müdigkeit. Da war mir echt nichts anderes mehr möglich als... Spider zu spielen! Fürs Schlafengehen war ich viel zu fertig, da hätte ich ja abschminken, Zähne putzen und - am schlimmsten - ins obere Stockwerk raufkriechen müssen! Also Spider. Das faulenzt so schön.

Ich hatte nicht mit Fräulein Tchutsachinella gerechnet. Die war nämlich sehr ausgeruht.
Das Mobbing begann. Krallen durch die Jeans in die Knie, mein üblicher Schrei: "Autsch, spinnst du??" Trotzdem parierte ich brav, wie ja stets! Ich stand auf, um ihren Wünschen nach weiterem Futter zu entsprechen, sie aber raste unter den Esstisch. Hach! Mir war natürlich sofort klar, was das bedeutete. "Frauchen, spiel mit mir! Spielen wir fangen!" "Nein, lass mich in Ruhe!" Nun, wer Katzen kennt weiß was jetzt kommt. Nämlich, das die so schnell nicht aufgeben! Vollkommen fertig kroch ich halt nach der fünften Krallenattacke unter den Tisch um das Biest, wie immer, eh nicht fangen zu können.
Und Spider ging dann erst um halbdrei in der Nacht auf!!
Ich hab dann sogar noch Zähne geputz! Das war tüchtig, oder?
;-)

Nickname 08.02.2013, 02.34 | (4/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Wintergespenster!

Ich stapfte im Park so für mich hin
und sann nach des Lebens Sinn.

Hach, ist das ein schön altmodischer Satz!

Die frisch verschneite Landschaft hatte es mir Tirilli-Guck-in-die-Luft angetan und so linste ich oft mal nach oben.

13januar_19schneebaum.jpg

Gerade hatte ich noch mit anderen Parkbesuchern ein, zwei Worte gewechselt, als ich plötzlich ganz allein war und eine Stille entstand, wie sie nur im Winter möglich ist.

Aber halt! Hatte ich da nicht ein Flüstern vernommen? Ich blickte mich um, ...nichts.
Doch, etwas war da! Ich lauschte.
Es war kein Laut mehr zu hören. Nun aufmerksamer geworden, spürte ich es aber deutlich: ich war nicht alleine!

Ich blickte zu dem Baum hoch unter dem ich jetzt stand.

13januar_baumsamen.jpg

Die Samen wackelten freundlich. Ob sie mir etwa leise zuraunten?

Aber dann fiel mein Blick auf die Parkbank und ich erschrak! Saßen da etwa zwei Eingeschneite??

13januar_parkbank1.jpg

Im zweiten Blick entspannte ich mich, ah, optische Täuschung, Gott sei Dank!
Aber ein bisschen genauer wollte ich doch noch hinsehen, um auch wirklich sicher zu sein. Aber da....!! Zu Tode erschrocken stand ich erstarrt!!

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Seht ihr es???? Oh mein Gott! Ich zeigs euch mal näher.

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"AAHHH!" schrie es in meinem Kopf! Ich wollte fliehen, drehte mich schnell um und.... jemand... versperrte mir den Weg!! Bebend starrte ich ihn an...!

Er aber wirkte ganz entspannt. Nach ein paar Schrecksekunden murmelte er plötzlich in gelangweiltem Ton:

13januar_park_schneefigur.jpg

"Können Sie mir bitte den Schilfhalm aus der Nase ziehen?"

Ich hab es nicht getan. Denn: Schicksal ist Schicksal, sowas muss man akzeptieren!

Ach ja, und übrigens: Den Park und den tänzelnden Baum mit den Samen kann man heute auch woanders betrachten: Im heutigen Seelenfarbenkalender. Wenn´s genehm ist. ;-)

Nickname 23.01.2013, 02.02 | (6/4) Kommentare (RSS) | TB | PL

Lebensschule und ... Feuerlöscher!

Die Postwurfsendung der Gemeinde informierte über einen Termin zur Überprüfung der Feuerlöscher direkt bei der örtlichen Feuerwehr.

Wäre eigentlich eigentlich nicht schlecht, so nach 20 Jahren endlich mal, dachte ich. Außerdem würde der Prüfer vermutlich ganz froh sein, wenn wenigstens einer käme....
Gesagt getan.

Und dann staunte ich nicht schlecht, als dort an die 50 Feuerlöscher aufgereiht standen, aber nur wenig Leutchen warteten drum herum. Die roten Dinger hatten alle Namen drauf, mit Filzstifft in großen Lettern geschrieben.
Boah, so pflichtbewusst und korrekt sind die Leute, das hätte ich ja nicht vermutet! Ach ja, fiel mir dann ein, da war doch was bei der Feuerversicherung, irgend ein Passus in die Richtung gab es da doch....

Ich stellte meine beiden Pflichtbesitz-Feuerlöscher brav ganz ans Ende der Schlange und wartete. Oh, das würde aber jetzt dauern...!
Aber so schlimm wurde es nicht, der Retter nahte. Es kam ein schöner Mann daher, ein sehr schöner!! Einer in Feuerwehrkleidung! Zur Hose passendes schwarzes Hemd mit Aufnäher, hochoffiziell das ganze.
Hab ich schon mal erzählt, dass solche Kleidung mich anfacht? Ist ja ganz gegen den Verstand, ich amüsier mich ja selber drüber.... Tja, als ich jünger war, kam bei mir da automatisch ein schüchternes Flirtgehabe durch, bitte, ich konnte da nicht anders!! *g*

Schön und gut, der Adonis erster Sahne drückte mir einen dicken Filzschreiber ins Händchen, um die Feuerlöscher als die meinen auszuweisen. Und er empfahl, in einer Stunde wiederzukommen. Tolles Service!

Aber später musste ich doch noch einige Zeit warten. Machte nichts, war ja Samstag und außerdem konnte ich, gemütlich im Auto sitzend, die Leute beobachten. Sowas kann ja wie Kino sein!

Der Feuerlöscher-Prüfer arbeitete redlich. Plötzlich kam da so ein gedrungener Typ in den 50gern daher und begann sich aufzuregen, weil seine Feuerlöscher noch nicht fertig waren. Dieser Querulant war aber nicht etwa ein geborener Hitzkopf mit schlechten Nerven, wie man vielleicht annehmen und eventuell verzeihen könnte. Hier hatten wir vielmehr ein Kerl im Chef-Modus, sehr autoritär. Er sprach kalt, abgehackt und bestimmt und scherte sich nicht im mindesten um die anderen. Keinen Gedanken verschwendete er daran, dass der Handwerker eh fleißigst arbeitete und eine Anerkennung des Services des freiwilligen Feuerwehrmanns war dem vermutlich sowieso nicht in den Sinn gekommen. Es galt nur dieses Pochen auf seinen Willen, das Befehlen, sich durchsetzen wollend, im Selbstverständnis des Alpha-Menschen blind für alles andere.
Alles rundherum schwieg und beobachtete gespannt die Szene.

Und was tat der Feuerlöscherwart? Herrlich! Er ließ das gar nicht an sich ran! Aber überhaupt nicht! Seine Körpersprache zeigte das deutlichst und das war sicher nicht gespielt! Es prallte nicht mal an ihm ab, das erreichte ihn erst gar nicht! Wenige Blicke, dann arbeitete er einfach weiter, beflissen wie vorher und natürlich an den Feuerlöschern, die gerade an der Reihe waren. Nun blieb dem eisernen Herrenmenschen nichts anderes übrig, als aufzugeben.

Gute Lebensschule! Das muss ich mal nachmachen!  
Aber Leute gibts......

Nickname 12.06.2012, 01.26 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Vom ersten Titanicfilm

Weil schon seit Tagen in den Medien so viel über Titanic berichtet wird dachte ich, stimme ich heute auch mal in den Chor mit ein. Ich habe Informationen, die noch nie veröffentlicht wurden.

Mein Vater war 2. Kameramann bei den Dreharbeiten zum ersten Titanicfilm 1942.
In seinem unfertigen Buch widmet er diesem Thema fünf Seiten.

viktorka_titanic_kameraassistent1942.jpg

Ich lasse ihn hier mal in einem kleinen Auszug draus erzählen:

Bei der "Titanic"-Produktion wurde gerade ein zweiter Kameramann gebraucht, daher wurde ich an das Trickatelier der TOBIS zum Kameramann Kunstmann in Berlin überwiesen.
Die Außenaufnahmen machten wir am Scharmützelsee östlich von Berlin.

viktorka_titanicmodell.jpg
Hier schwimmt das kleine Titanic-Modell im Wasser vor dem größeren Boot.

Wir wollten große Meereswellen haben, drehten mit erhöhter Kamerageschwindigkeit und mit Zeitlupe und mussten warten, bis Wind kam, kleine Wellen hervorrief, die dann durch die hohe Kamerageschwindigkeit im Film wie große Wellen aussahen. Vor diesem Miniaturschiff hatten wir einen Schlauch mit einer Pumpe unter Wasser montiert, der immer Wellen gegen den Bug spritzte, wodurch Bugwellen entstanden. An Deck hatten wir lauter Scheiben mit Puppen drauf, unter Deck waren diese Scheiben mit Transmissionen verbunden und manche waren umgedreht, so dass die einen Scheiben in diese Richtung liefen, die andere in jene. Aus der Ferne sah das aus, als ob die Leute an Deck durcheinander laufen würden.
Leider war im Hintergrund der Wald am See zu sehen, worauf die Pioniere des Heeres beauftragt wurden, mit Nebelwerfern im Hintergrund eine Nebelwand anzulegen.

Dann wurde ein Eisberg gebaut:

viktorkabath_titanic_eisberg.jpg

Aber leider war er nicht im Gleichgewicht gebaut, sodass der schöne Eisberg schnell kenterte - weg war er.

Der Mann, der die Erzählungen meines Vaters notierte, begnügte sich mit den Originalworten und formulierte nicht in gutes Deutsch um. Ich hatte damals unzählige Male korrekturgelesen, er übernahm aber die Vorschläge immer wieder nur teilweise, damit machte er uns regelrecht ferig. Schließlich "verschwand" er nach Überreichung eines guten Batzen Geldes für immer und beendete seine Arbeit nicht. Ein betrügerischer Geschichtelehrer war das, sprachlich war er unfähig. Er hatte sich übrigens ungerufen für diese Sache angeboten! Tja, meinem Vater wäre die Sache sehr wichtig gewesen, ich aber wars zufrieden, immerhin hatte er damit zu tun gehabt, genau das, was dem unglücklichen Witwer half, die Zeit zu überstehen.

Zum Abschluss noch ein Foto, diesmal von der FIN-Film. Ich finde, diese Kamera ist doch zeigenswert!

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Nickname 16.04.2012, 00.25 | (5/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Mein Brot, dein Brot, unser Brot.

Es schmeichelt sich in mich hinein, Körner bleiben zwischen den Zähnen stecken, jetzt ein Bäuerchen machen, hach, wenn ich doch schnurren könnte. Ich knabbere an meinem weichen Biobrot. Herrlich.

Wie so oft war ich nach der Arbeit in jenem Billa, der länger auf hat. Ich konnte mir Zeit lassen, immerhin noch 20 Minuten bis zum Ladenschluß. Am Biobrot-Regal gähnende Leere wie stets. "Seltsam" hatte ich schon oft gedacht, "in diesem Laden ist sämtliches Biobrot stets ausverkauft, das andere bleibt übrig. Ob das an den gehobenen Ansprüchen der reichen Leuten in diesem Stadtbezirk liegt?"

Diesmal aber entdeckte ich in einem der unteren Fächer ganz hinten, wie in einer dunklen Höhle, doch noch einen verborgenen Laib. "Hm, zu groß und nicht meine Sorte. Oder soll ich?"
Der Gedanke erübrigte sich, denn im nächsten Moment war die Wegwerfhexe da, packte das versteckte Ding und mit Schwung flog es in einen tiefen tiefen schwarzen Sack. Der aber war schon halb gefüllt, womit wohl?

Ich räusperte mich und sagte vernehmlich: "Aha, deshalb finde ich hier im Bioregal stets nichts, ich hatte mich schon gewundert!"  Zwei Augenpaare blickten von drüben ausdruckslos in meine Richtung, es waren die der Wurst- und Käsefrau und die Brotwegwerf-Hexe vor mir musterte mich auch nur wenig interessiert. Klar doch, so hohl blickt man kurz vor Dienstschluß, dachte ich jetzt, verstehe ich ja eh....

"Haben Sie in dem Sack noch anderes?" Ich beschrieb kurz was ich wollte und schon tauchte aus der dunklen Unterwelt genau mein Brot auf. Frisch, knackig, duftend.

Ich dachte an sonnenbeschienene Roggenfelder in sanfter Brise, an die engagierten Biobauern mit ihren unangekündigten Kontrolloren, an die Bäcker mit dem guten Willen, ohne Cemie zu arbeiten. Und an die afrikanischen Kinder mit den Hungerbäuchen dachte ich auch.

"Sie müssen das wegschmeißen, nicht wahr? Welch Sünde! Wenn Sie es wenigstens für sich benützen dürften....!" die drei mit dem Pokerface nickten nun leicht, immerhin war ja doch noch Leben in ihnen.

An der Kassa erinnerte ich mich an den Bettler, der letztes Jahr im Winter immer in der Eiseskälte vor den Einkaufswägen dieses Supermarktes gehockt hatte. Wir hatten uns stets zugenickt, eine Lächeln und die obligate Münze waren Standard geworden. Und genau nach mir hatte er sich immer erhoben und war gegangen. Ein ganz Armer aus Osteuropa, ohne Deutschkenntnisse, bescheiden, nett.
Er wird wohl nicht gewusst haben, welche Schätze da nur zehn Meter hinter ihm in dem großen Müllcontainer verborgen wurden.

Dem Geschäftsführer ist alles andere streng verboten, wie ich weiß. Er darf nur: WEGSCHMEISSEN. Tut er etwas anderes, riskiert er die Kündigung. Seine Angestellten auch.

Ich fuhr heim und phantasierte von Aktionen in Blogs gegen diesen Wahnsinn. Aber ach, was würde es helfen. Gegen die Ankurbelung des Konsums, auch auf solche Weise, ist kein Kraut gewachsen.

Nickname 15.03.2012, 10.13 | (4/4) Kommentare (RSS) | TB | PL

Weihnachtsnachlese

Die letzten Gäste sind vorzeitig abgereist, da ich noch immer krank bin. Der grippale Infekt lässt sich zwar noch nicht vertreiben, er ist aber andererseits nicht stark genug, mich gänzlich vom Computer fernzuhalten. So surfe ich ein wenig rum. Und fand gestern diesen ausgezeichneten Artikel in der Süddeutschen.

Heutzutage würde zu wenig erzählt, stand dort unter anderem! Stimmt, dachte ich und erinnerte mich an die Erzählungen der Seelenfärbler im seelenfärblerischen Adventskalender, wie gerne ich doch dort von deren Weihnachtserinnerungen aus der Kindheit gelesen hatte!

Na gut, dann erzähle ich auch. Aber vom heurigen Fest!

Zu Mittag trudelten Schwesterherz und ihr Lebensgefährte ein, nun waren wir vollständig. Die junge Familie war schon einen Tag davor angekommen und die dreijährige Carina hatte inzwischen längst alle und alles ordentlich aufgemischt.

Weihnachtliches war noch fast nichts zu sehen, dafür hatten wir gesorgt.
"Carina" säuselten wir, "heute kommt das Christkind!" Sie blieb gelassen. Aber wer weiß? Schließlich, wer vermag denn schon ins Herz hinein zu sehen.

Wir hatten heimlich diskutiert. Den Baum etwa schon aufstellen, bevor Carina mit Papa spazieren geht? "Nein, den Baum bringt doch das Christkind!" Ich entgegnete erstaunt: "Nanu, das hatten wir so nie gedacht."
Die Zeit wäre zu knapp gewesen. "Schau mal Carina, dort draußen vor der Tür! Das Christkind hat einen Baum abgeworfen!" rief nun der Papa und dann stellten wir den Baum gemeinsam auf.

Es war dunkel geworden und schon recht kalt da draußen. Für kindliche Spaziergänger gab es keinerlei Veranstaltungen, auch waren alle Gaststätten geschlossen. Papa und Carina waren zum See gefahren und betrachteten nun die weihnachtlichen Lichtinstallationen. "Papa, warum sind wir da alleine? Wo sind denn alle Leute?" "Die warten zu Hause aufs Christkind!" "Alle bei uns??" rief sie erschrocken, "aber das geht nicht!" "Nein, jeder bei sich. Das Christkind kommt zu den anderen auch." Skeptische Blicke. "Und wie soll es fliegen können"?

Als die zwei vorhin das Haus verlassen hatten, kam geschäftiges Leben in die Bude. Eine stürzte um die Schachteln mit dem Baumbehang, die andere holte flugs den Hocker, stellte sich drauf und in einer Eile, als gelte es das Leben, wurde der Baum geschmückt. "Reicht mir was rauf, schnell schnell!" Dann wurden Kerzen montiert und auch an allen möglichen Orten aufgestellt, Geschenke hervorgezerrt, eilends in Gruppen unter dem Baum drapiert und der Tisch gedeckt. Also naja... der Baumschmuck war nicht gerade optimal vereilt. "So machen wir das nächstes Jahr aber nicht mehr" murmelte jemand als er gerade beim Anzünden der Kerzen half.

Lichter aus, sie kommen! Wir alle standen nun im Vorraum und taten so, als ob wir gerade von der Kirche kämen. Ich hatte den Mantel halb an und Frau Mo trug ganz unmotiviert einen ihrer Stiefel in der Hand, das sah urkomisch aus.

11weihnachtsbaum_oval.jpgMusik tönte plötzlich vom Wohnzimmer her und ein sehr zartes Glöckchen bimmelte. Das war der Moment, den wir Erwachsenen uns sehr so ersehnt hatten, wir wollten das Leuchten in den Augen des Kindes erleben, seine freudige Überraschung genießen, eigentlich nur das, alles andere war  uns nebensächlich.

Aber das ging dann so schnell, die Überraschung dauerte nur Sekunden. Wir sangen noch was, ich begleitete auf der Gitarre. Und schon riss Carina ihr erstes Päckchen auf.

"Wieso hatte sie nur so kurz gestaunt?" fragte ich später. "Sie hatte bei den Nachbarn und noch woanders schon einen geschmückten Baum sehen können." klärte man mich auf.

Ich dachte wieder an die Seelenfärblergeschichten, fast alles Erinnerungen aus den 60gern und an den oben verlinkten Artikel. Damals, in Zeiten relativer Armut konnte man wohl intensiver feiern. "Was fehlte uns?" fragte ich mich diesmal mehr als je zuvor. Ich hatte später noch in die Kirche gedrängt, eben, weil etwas Unbestimmtes vermisst hatte.


Nächstes Jahr will ich etwas ändern. Ich will erzählen. Nicht aus der Bibel, das ist meinen Leuten durch zu künstlich weihevollen Ton in der Kirche wohl verleidet. Aber eine Weihnachtserzählung soll sein, auch ein Gedicht vielleicht. Und mehr musizieren sollten wir, das sowieso. Denn in unserer Zeit des Überflusses und der überbordenden Werbung haben Geschenke und ein Lichterbaum auf Kinder nicht mehr den Zauber, den sie einmal hatten.

Nickname 27.12.2011, 21.01 | (4/4) Kommentare (RSS) | TB | PL

Ein vermeintlicher Notfall

Als ich an meinem Wohnzimmerfenster vorbei ging, erschallte von drüben, dort bei der Hauptstraße ein fremdes dumpfes Geräusch. Spontan blickte ich hin und sah den Rauch sofort. Er dränkte aus einem Fenster knapp unter dem Dach des kleinen Hauses dort und zog so dicht nach oben, dass nicht auszumachen war, ob auch schon der Dachboden brannte. Die Leute in den Autos und auf den Fahrrädern fuhren vollkommen unbeteiligt dran vorbei, oder bemerkten sie es gar nicht? Das schockierte mich! Aufgeregt suchte ich nach einem Telefon, erlebte mich als viel zu wirr um es gleich zu finden und tippte endlich mit Selbstvorwürfen die drei Nummern des Feuerwehrnotrufs ein. Aber ich hatte die Nummer gleich gewusst, immerhin das!

Dem unheimlich ruhigen und sachlichen Mann am anderen Ende der Leitung beschrieb ich, was ich sah. "Da steht jetzt ganz ruhig ein Mann davor, vielleicht sind Sie eh schon verständigt worden." Er wollte meinen Namen wissen, verstand ihn nicht gleich, ich musste buchstabieren und tat es hastig, da wäre doch jetzt Eile geboten gewesen!

Von der freiwillige Feuerwehr des Dorfes sind nur etwa hundert Meter bis zu dem Haus. Aber sie kamen und kamen nicht! Inzwischen war das rauchende Fenster geöffnet worden und es rauchte schon viel weniger. Am geöffneten Nebenfenster standen zwei Männer die miteinander redeten und einer zeigte plötzlich... auf mich!! Ich wich erschrocken zurück. Konnten sie mich denn überhaupt sehen, über die große Entfernung weg, da war doch ein Feld dazwischen und ich stand doch außerdem gar nicht nahe an meinem Fenster? Und warum überhaupt diese Szene?

Es qualmte schon kaum noch und die Feuerwehr war immer noch nicht da. Angst überkam mich. Hatte ich etwa einen teuren Fehlalarm ausgelöst und würde nun eventuell bestraft werden??

Und dann rollte sie an, die Feuerwehr. Was war ich froh, dass es da als Beweis noch ein klein bisschen rauchte. Sie hatten mit stillem Alarm erst ihre Mitglieder von den Arbeitsplätzen holen müssen und sich in Uniform und Stiefel gezwängt, denn nur halb umgezogen rückt da ja keiner aus. Ein Feuerwehrmann inspizierte, die anderen standen entspannt vor dem Haus und schwätzten, dann fuhren sie gleich wieder ab.

Da stand ich nun wie ein begossener Pudel. Es bedrückte mich den halben Tag, dass ich umsonst die Feuerwehr gerufen hatte. Später berichtete ich meinem Nachbarn der ja vor der Pensionierung ewig bei der Feuerwehr gewesen war. "Na, des hot scho passt, dassd sie grufn hast!" Dies beruhigte mich, da sprach ja ein Fachmann.

Später wurde mir klar, was auch hätte sein können. Der Mann vor dem Haus hätte wegen einem Schock so untätig davor gestanden haben können. Drinnen im Zimmer hätte jemand bewusstlos liegen können. "Es ist bekannt, dass die Leute stets zu wenig reagieren, nicht genug handeln" hatte außerdem jemand gesagt.

Und so war ich schließlich über mein Handeln dann doch noch halbwegs beruhigt.

Nickname 21.09.2011, 00.36 | (5/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Still still, es wird geschwommen.

In diesen endlich heißen Tagen konnte ich ihn mir wieder vereinnahmen, den so sehr geliebten Wörthersee. Schwimmen, schwimmen, schwimmen, täglich etwas weitere Strecken. Auf diese Weise auftanken, um die kommende wenig geliebte Jahreszeit besser ertragen zu können.

Unlängst schwamm ich, von links kommend, recht genau so wie in diesem Bildausschnitt sichtbar, das Ufer ab. Hin und zurück und es wird wohl das schönste Erlebnis dieses Sommer gewesen sein.

Als ich die weit in den See hinaus ragende Schilfwand erreichte, wurde es ganz still um mich herum. Plötzlich kein Motorbootgeräusch mehr, weder Straßenverkehr noch menschliche Stimme drang mehr an mein Ohr, nur das sanfte Plätschern meiner Schwimmbewegungen im türkisen Wasser und vereinzeltes Piepsen der im Schilf verborgenen Vögel war noch zu hören, welch ungewohnte Stille! Und dann das schönste! Vor mir erschienen wie aus dem Nichts plötzlich zwei Haubentaucher und vollführten im sonnenfunkelnden Wasser einen grazilen Paarungstanz! Sie verneigten sich voreinander, nickten mit den Köpfchen, reckten sich hoch und schwammen wieder auseinander um gleich wieder von vorne zu beginnen. Und sie ließen sich von mir in ihrem Tun nicht im mindesten beirren!

Nach diesem Erlebnis schwamm ich in sehr beseelter Stimmung vor bis an die Spitze des Schilfs und dann um sie herum, aber was glaubt ihr, was mir dann begegnete?

Zwei Schwimmerinnen die sich laut und knatternd unterhielten. Sie sprachen von einer unlängst erlebten Wanderung, in ihren Gedanken waren sie gar nicht anwesend! Das kam mir so vor wie diese Leute, die bei einem exquisiten Braten sitzen und während des Essens über das Fischgericht unlängst referieren. Vermutlich werden sie dann während des nächsten Mahls wiederum über besagten Braten reden! Auweia!

Ich schwamm zügig weiter und kam nun mitten in den Trubel eines öffentlichen Bades. Alles lärmte, Kinder kreischten, aber hier störte mich das nicht weiter, das gehört ja zum Massenauflauf von uns Menschen dazu, damit rechnet man doch. Ich legte mich illegal auf einen Steg, ließ ich mir die Sonne auf den Rücken scheinen und sah den Leuten zu, bis mir bald wieder warm geworden war.

Als ich dann zurück schwamm, was meint ihr, wenn traf ich da? *g*
Na, eh klar. Besagte Damen bearbeiteten gerade das Thema Warmduschen.
Dann aber wieder die Stille beim Schilf, eindrucksvoll wie zuvor. Wie muss es den Tieren wohl mit unserer Lärmerei ergehen, dachte ich. Sie merken auf, sind wachsam und stets im Jetzt. Wir aber nicht, oder zumindest kaum noch.

Was für ein Verlust.

Nickname 26.08.2011, 01.53 | (4/3) Kommentare (RSS) | TB | PL

Natürliches Glaubensgeplänkel ;-)

Ich saß unter der Fichte so für mich hin und las.
Aha, Demo gegen Papstbesuch. Aber eigentlich sind die doch urkatholisch, diese Spanier?
Und dann sinnierte ich, spielte Tirilli-guck-in-die-Luft.

Plötzlich sprach die Fichte:

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"Jo jo, a Kreuz ist dos mit di Menschen. Mit die in da Kirch sowieso! Die machn alls kaputt, diese uroltn Typn, diese Katholischn do, diese Konserrrvativn..
Aber sixt jetz des? Man muss es wachsn lossn! Mir in da Natur lossn wochsn! De oba net. De wern noch vor mir versteinern, wettn?"

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"De werdn eingehn!" sagte der Pessimistenzweig.
"Na, net!" Sagte drauf der optimistischere von den beiden.

Ich dachte dann so vor mich hin.
Hmm.... ob der Pessimist nicht sogar die optimistischere Prognose abgegeben hatte...?

"Aber wurscht."  hörte ich plötzlich wispernd von rechts:

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Wieso wurscht? "Weils egal iss! Früchte trogt jo dann doch immer alles! Dafür wird der große Geist scho sorgn!"
Ach ja, stimmt.
Mein Blick wanderte zum Fichtenwipfel hinauf. Und da war er dann, ganz oben! Wer? Na, der Geist!! Und wie der da sagenhaft schwebte! Öhm... oder war er es doch nicht?

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Nickname 19.08.2011, 16.47 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL

Erste Erkenntnisse

Die dreijährige Carina kam zu mir und begann ein Gespräch, weil sie gerade etwas sehr beschäftigte.

Carina: "Duhu... wo war ich denn, bevor ich hier war?"
Tirilli: "Nirgends, Schätzchen."
Carina: "Aber da war ich doch im Hundehimmel"!
Tirilli: "Nein, da warst du nicht, du warst einfach noch nicht da."
Carina aufgeregt und mit großen Augen: "Doch, ich war da, wirklich!" Dazu nickte sie energisch mit dem Kopf. "Ich war da, ich war da, ich weiß es, ich war im Himmel!!" 
Tirilli: "Naja, kann ja wirklich auch sein, aber das wissen wir halt nicht."
Carina: "Aber wie kann ich nicht da gewesen sein!?"
Tirilli: "Komm mal mit, ich zeig dir was."

Wir gingen in den Garten. Unlängst hatte ich an einer Stelle Gras gesät und dort bückten wir uns hin.

Tirilli: "Sieh mal, das sind Samen. Und aus denen wächst schon ein winzig kleiner Grashalm, siehst du das? Da wird dann richtiges langes Gras draus, sie mal da, da ist ein ganz langes Gras und da oben das, das sind auch Samen. Die fallen dann runter."
Ich strich mit den Fingern Samen aus der Ähre und ließ sie zu Boden fallen. Carina tat es mir neugierig nach.

Tirilli: "Komm mal mit, ich zeig dir noch was."
Carina: "Zeigst du mir noch... wie heißt das.... Samen?"

Wir gingen zu den Glockenblumen.

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Tirilli: "Schau mal, da sind ganz keine Blüten, die da neben der großen ist ein Baby, die andere darunter ist schon größer geworden, etwa so wie du. Und dann sind da noch größere da und oben, die sind schon richtig erwachsen. Dann fallen später die Blütenblätter ab. Und schau mal, dann ist das. Da sind Samen drin!"

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Carina: "Wo sind da Samen."
Tirilli: "Brich dir eine ab und mach sie auf, da drinnen sind sie."

Ihre zarten Händchen vermochten das noch nicht, also musste ich es tun und das immer wieder, viele Samen wurden gepfückt.
Tirilli: "Gut so, das muss man eh machen."
Carina: "Warum?"
Tirilli: "Weil sonst die Pflanze denkt, sie hat schon genug Samen gemacht und dann braucht sie nicht mehr zu blühen."

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Carina: "Aber wo tu ich jetzt die Samen hin..."

Tirilli: "Wirf sie einfach auf die Erde, dann wachsen wieder neue Pflanzen."

'Die vorher nicht da waren' hätte ich noch sagen können. Aber das sagte ich absichtlich nicht, denn ich finde, das war schon genug. Das kleine Persönchen soll doch die Cance haben, sich selber etwas zusammenzureimen, oder? Außerdem wurden wir gerade in dem Moment gestört. Über uns erklang nämlich ein forderndes Miau.

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Fräulein Tschutschinella war schon wieder am Balkon. Und bekanntlich ist da für sie ja Endstation.

Und wisst ihr was? Das, was ich da gerade beschrieben habe, ist irgendwie das pralle Leben. Und damit das kleine Glück.

Nickname 12.08.2011, 01.34 | (4/0) Kommentare (RSS) | TB | PL