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Absurd 2

"Absurd-AG" schrieb mir in die Shoutbox: Das Absurde hat nur insofern einen Sinn, als man sich nicht mit ihm abfindet. - Albert Camus (Der Mythos des Sisyphos)

Worauf ich antwortete:

Das Absurde ist überall und überall sieht es ähnlich aus. Es ist, als wäre es zur Schöpfung gehörig.

Daraufhin kam ein Zitat von Arthur Schopenhauer und gab dem ganzen eine interessante Wendung:

"Wenn nicht der nächste und unmittelbare Zweck unsers Lebens das Leiden ist; so ist unser Daseyn das Zweckwidrigste auf der Welt. Denn es ist absurd, anzunehmen, daß der endlose, aus der dem Leben wesentlichen Noth entspringende Schmerz, davon die Welt überall voll ist, zwecklos und rein zufällig seyn sollte. [H: Unsre Empfindlichkeit für den Schmerz ist fast unendlich, die für den Genuß hat enge Gränzen. - Jedes einzelne Unglück erscheint zwar als eine Ausnahme; aber das Unglück überhaupt ist die Regel."

Also doch eine designte Welt? Schließlich drängt sich nun die Frage auf: wer bezweckt? Und was bezweckt dieser jemand? Ich glaube an den Designer, aber nur für mich. Wenn es um Wissenschaft ginge würde ich die andere Seite unterstützen. Schließlich kann man "glauben" auch mit "nicht wissen" gleichsetzen. Schlimm wird es, wenn Machthaber versuchen ihren Standpunkt anderen aufzuzwingen.

Aber zurück zum oben erwähnten Absurden, in diesem Fall denke ich, es ist eine gesunde und hilfreiche Anlage, Fernbleiben von Leid als den Normalzustand zu empfinden. Diese Schutzfunktion hilft uns, Hoffnung zu bewahren und nicht entmutigt aufzugeben. Das Leid erscheint doch viel eher als absurd! Vielleicht weil man das Warum erst viel später zu erahnen vermag?

Für mich hat Schopenhauer recht, aber das vergesse ich besser gleich wieder. Lieber erfreue mich daran, schwererem Leid bisher so oft entkommen zu sein. Ich darf aber darüber nicht die Achtsamkeit dem Leidenden gegenüber aus den Augen verlieren.

Auf die Fragen nach dem Warum habe ich mir für mich eine Antwort zurechtgezimmert, aber das würde hier zu weit führen.

Nickname 30.01.2006, 23.15

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Kommentare zu diesem Beitrag

11. von Absurd-AG

Hallo Tirilli!
Keine Angst so schnell verschwinde ich nicht. Wen ich ins Herz geschlossen habe und DICH habe ich...und sogar im Internet geht man nicht unbedingt verloren....Nur habe ich auch so viel aufgeschoben und vor mir hergetrieben, nun bin ich in der Bredouille!
Nun noch kurz zur Bärenmami:
Ein "oller Grieche" als Positivbeispiel für heute..a Meiner Meinung nach, haben auch gerade heute die Klassiker und damit auch die Begründer des europäischen Geisteslebens uns heutigen M. noch viel zu sagen, wir müssen nur genauer hinhören.
Wenn man nun den Einzelnen (immer im Kleinen anfangen!) dazu bewegen könnte, sich ein wenig in diese Richtung hin zu entwickeln? Eine Minderheit erreicht man immer, nur der Massenmensch will von solchen Dingen nicht viel wissen, der will leben, konsumieren, das Wohlleben kultivieren. Das war früher schon so, ist heute nicht anders und wird in der Zukunft genauso sein. Da mag der ein oder andere aufschreien, ob solcher „arroganter“ Weltsicht, es ist aber so!
Ist es dann nicht möglich langsam das Steuer auch im Großen herumzudrehen? Bei uns zB der GEZ die Gebühren, weil kein Fernseher da ist. Sehen Sie, Bärenmami, da sind Sie schon die rühmliche Ausnahme, die Mehrheit ist süchtig nach der Flimmerkiste. Sogar ich habe einen Fernseher, wenn auch Wenigseher.
VHG
O.U.
Nachtrag:
Muß man sich Sorgen um deine Gesundheit machen, Tirilli??
Da kann ich nur immer wieder empfehlen: Algen (das Kraftwerk der Natur) zu nehmen, ist ein wahres Wundermittel und Grüntee.

vom 02.02.2006, 19.56
10. von Bärenmami

Unendlich schade um jedes Wort, das verloren gegangen ist!!

Ein "oller Grieche" als Positivbeispiel für heute..aber genauso könnte die Entwicklung sein. 100% einverstanden mit dem Entwicklungsweg. Wenn man nun den Einzelnen (immer im Kleinen anfangen!) dazu bewegen könnte, sich ein wenig in diese Richtung hin zu entwickeln? Durch: eigenes Vorleben, pädagogisches (Ein)Wirken auf die nächsten Generationen. Lehren, aber nicht bloß in der Theorie, daß es sich lohnt Sicherheiten, schnellebige Freuden zu "opfern" für das "neue Sein". Wenn ich Glück vorlebe..weil ich es wirklich (er)lebe, färbt es dann nicht auf andere ab? Macht es nicht hie und da einen Menschen neugierig? Ist es dann nicht möglich langsam das Steuer auch im Großen herumzudrehen?

Gefragt und gefordert ist hier jeder einzelne, der sich über die Zustände aufregt. Natürlich stößt das auch auf Unverständnis und Widerstand. Den einen schwimmen die Felle weg, den anderen die Stimmen..Bei uns zB der GEZ die Gebühren, weil kein Fernseher da ist. Jeder Besuch hat das bisher bestens überlebt. fg
Die Entschleunigung ist etwas schwieriger, da auch bei mir manchmal die PS durchgehen. ;-)

So, leider muß hier Schluß sein, der hauseigene Chemiker fliegt in FFM ein..die PSNutzung muß den Straßenverhältnissen angepaßt werden. gg

Logischerweise müßte das nächste Thema sein: wie nehme ich den Ruhelosen die Angst (etwas zu versäumen..vor dem Tod..)?
Und ich bedanke mich für die vielen vielen Infos und Gedankenanstöße.
liebe Grüße
Barbara



vom 01.02.2006, 18.49
Antwort von Nickname:

Ist alles wieder da! (Ab dem Goethe-Zitat habe ich eingefügt) Aber gelesen habe ich einstweilen nur flüchtig, ich musste leider noch etwas arbeiten und jetzt um 03:12 bin ich endlich so halbwegs fertig. PUHHH
Aber morgen dann! Aber wohl auch erst am Abend.. doooooooooof das! Ich würde hier viel lieber weiterdiskutieren! :-/
9. von Absurd-AG

So! Nun haben wir den Salat...der Rest ist abgeschnitten, war somit wohl zu lang. :( :(

vom 01.02.2006, 16.07
Antwort von Nickname:

Wenn´s doch nur Salat wäre ;-)

Ich habe es ergänzt, es ist wieder alles da. Nicht der Text war zu lang lieber "Absurd", ein html-Zeichen hatte die Kürzung bewirkt. Die eckige Klammer um das Zitat war schuld. Was denkst du denn von den Design Blogs! ;-)


8. von Absurd-AG

st Herakles, der tapfere Held der grichischen Mythologie, Abbild unserer Gesellschaft, getrieben, wie wir, von Süchten und maßlosen Ansprüchen, und dem Bedürfnis, gottähnlich zu sein?

Unverdrossen stapft Herakles von einer Heldentat zur anderen. Er erledigt die maßlosen Wünsche seines Schattenbruders und verliert dabei die Beziehung zu sich selbst. Am Ende steht er mit leeren Händen da: Er erschlägt im Wahnsinn seine Kinder und zerstört damit sein eigenes soziales Umfeld. Erst im Bannkreis einer neuen Weiblichkeit entdeckt er seine fühlende Seite, und seine infantile und rastlose Ich-Zentrik weicht einer Bereitschaft zu erwachsener Verantwortung. Aus seiner süchtigen Flucht in das Aussen wird ein Suchen nach Innen. Der Preis für ein neues Sein ist eine Einsamkeit, in der sich der lebendige Bezug zur Transzendenz entwickeln kann.

Sucht nach Macht und Materie, die „Suche nach der verlorenen Zeit“, die Angst vor Beziehung und die Sentimentalisierung unseres Mitgefühls sind bestimmende Parameter des heutigen gesellschaftlichen Lebens. Werden darin – wie bei Herakles – verzweifelte Kompensationsversuche einer beziehungsarmen Kindheit sichtbar?

Wir tun gut daran, uns diesen Fragen zu stellen. Das Schicksal und der Lebensweg des Herakles weisen uns Wege, aus dem Teufelskreis der ständigen Überforderung und derüberhöhten Ansprüche an uns selbst, aber auch an den „Anderen“, auszusteigen. Wir haben dafür Opfer zu bringen, aber der letztendliche Gewinn ist eine reifere und verantwortungsvolle Lebenshaltung. Nur sind dazu die jeweiligen Mehrheiten in den Industriegesellschaften nicht willens und auch nicht mehr fähig. Deswegen befinden wir uns auf direktem Wege: Zur Himmelfahrt ins Nichts“.

Wir haben heute Mutter Theresa und Co: auch Vorbilder, genau wie die mythischen Helden es damals sein sollten. Ist sie Abbild unserer Gesellschaft, getrieben, wie wir, von Süchten und maßlosen Ansprüchen, und dem Bedürfnis, gottähnlich zu sein? [BM]
Nur wer nimmt solche Vorbilder noch zur Kenntnis? Unsere Jugend wohl eher nicht, im Zeitalter der überbordenten (ausartend) Prolosender wie RTL und die dazugehörigen „Schwachsinnsorgien“ (Siehe Neil Postmann: Wir amüsieren uns zu Tode). Menschen mit solchen Profilen, wie eben Mutter Theresa oder Albert Schweitzer, sind heute einsame „Lichtgestalten“ in der Alltagswelt der Finsternis. D. Bohlen ist angesagt, auch im Literaturbetrieb, auch da Mc Donald, man braucht doch nur die Flut des Schwachsinns an sich vorbeiziehen lassen, um zu erkennen, wie krank diese Gesellschaft tatsächlich ist.

Am Ende des Mittelalters, mit dem Niedergang der Ewigkeitshoffnung, wird das Leben als biologische Lebensspanne entdeckt. Das Leben wird buchstäblich zur einzigen und letzten Gelegenheit, zum Schauplatz der Anhäufung von Lebenskapital. Sicherheit und Beschleunigung werden zur vordringlichen Aufgabe der Weltverbesserung. Sicherheit, um dem Einzelleben wenigstens seine durchschnittliche Lebensspanne zu zu garantieren, und Beschleunigung, um die unerträgliche Kluft zwischen den unendlichen Möglichkeiten, die die Welt da draußen bereithält, und der kläglichen Zeit, die dem Einzelnen zu deren Ausschöpfung zur Verfügung steht, wenigstens zu verringern. Der Mensch gerät in Panik. Neben den Tod tritt ein beinah noch ärgerer Widersacher des Lebens: die Angst, etwas zu versäumen.
(Marianne Gronemeyer)

Beschleunigung des Lebens:
""Einem türkischen Sprichwort zufolge ist er es (der Teufel), der die Eile erfunden hat ...
Tatsächlich plädiert Mephisto (*) nicht nur dem Schüler gegenüber für Ordnung, sondern er mahnt auch Faust zur Eile: "Doch nur vor einem ist mir bang; die Zeit ist kurz, die Kunst ist lang". (J.W. Goethe) [1].

Unter dem Vorwand, daß die Fülle des Menschenmöglichen zur Eile zwingt, will er Faust dazu verleiten, es mit seiner Weltergründung nicht so genau zu nehmen. Er will ihn mit seinen seichten Zerstreuungen betäuben, mit faden Vergnügen trunken machen, ihn in turbulentes Treiben stürzen und mit wilden Ausschweifungen locken, um ihn desto sicherer leer ausgehen zu lassen und sich an seinem ungestillten Verlangen zu weiden.
Mephisto denkt Faust ein anderes Scheitern zu, als Faust es für sich selbst vorwegnimmt. Er hofft, ihn zur Banalität zu verführen und ihn mit dem lärmenden Tumult der Welt besinnungslos zu machen. Die wie in einem Kaleidoskop verwirbelten Welteindrücke sollen Faust in eine trügerische Zufriedenheit versetzen. Er soll ablassen von seinem unbedingten Weltverlangen und statt den Dingen auf den Grund zu gehen, im flachen Gewässer dümpeln. Mephisto will sein Opfer mit fader Oberflächlichkeit abspeisen, denn die Banalität ist des Teufels Metier. Nicht Dämonie, sondern Seichtheit und Gedankenlosigkeit machen nach Hannah Arendt das Böse aus. (H. Arendt 1979, S.14). Der Teufel hat ein vitales Interesse daran, das Denken und den unbeirrten Drang nach Erfahrung zu unterminieren. Er hat die Eile erfunden, um sicherzugehen, daß das Denken, das Zweifeln und das Fragen unterbleiben.

Zum Abschluß:

Schneller, schneller, weiter, mehr... ist heute die Maxime;
Wo alle Worte zu wenig wären, dort ist jedes Wort zu viel.
Verzeih mir die Länge des Beitrages, Tirilli, mitunter denke ich nicht daran, daß ein Blog ja keine HP ist. :(

vom 01.02.2006, 16.01
Antwort von Nickname:

Vielen Dank für den tollen Beitrag! Bitte habe Geduld mit mir, hast du doch, ja??
Und verschwinde ja nicht nach ST. Nimmerwiederlesen weil ich jetzt nicht so flott bin ;-))

Liebe Grüße!


7. von Bärenmami

Ähm, in meinem Text waren da alle Zitate eigentlich als solche gezeichnet gewesen.. Bitte dazudenken..ich wollte NICHT fremdes Gedankengut klauen. :-)
lg Barbara

vom 01.02.2006, 12.32
6. von Bärenmami

Ich habe sehr gut geschlafen fg

Wir haben heute Mutter Theresa und Co: auch Vorbilder, genau wie die mythischen Helden es damals sein sollten. Ist sie Abbild unserer Gesellschaft, getrieben, wie wir, von Süchten und maßlosen Ansprüchen, und dem Bedürfnis, gottähnlich zu sein?
Diese Vorbilder sollen "erziehen", die Menschen dazu bringen ihnen nachzueifern, oder zumindest zum Nachdenken anregen.

Ich glaube ganz fest an das Gute im Menschen, in JEDEM Menschen. An den Kern, der sich eben nicht verändert hat, den man vielleicht tiefer oder länger suchen muß..
An unserer Gesellschaft könnte ich manchmal nicht nur aus den zitierten Gründen verzweifeln..am Menschen nicht.

Was die Musikschüler angeht: die Anforderungen an sie werden immer größer im Gegensatz zur normalen (Schul)ausbildung. Außerdem ist ab einem gewissen Niveau der Musikschüler FREIWILLIG da und bringt eine gute Grundbegabung für das Fach mit. Musik zu "lieben" reicht eindeutig nicht aus, davon kann ich ein Lied singen (oder lieber auch nicht sfg).

Und nun muß ich eigentlich passen, denn jetzt müßte ich da weitermachen wo ich vor einem Jahr aufgehört habe. Bis zur Biografie hab ichs geschafft, nach 3 wunderbaren Aufenthalten in Sils...Die Mitternacht auch in natura bewundert..den Zarathustra aber nicht im OTon gelesen.
Man vergebe mir also hier ungewöhnliche Stellungnahmen, sie kommen aus dem Bauch (Herzen?) und noch dazu von einem Laien.
Für mich ist das Individuum, der Einzelne, der sich seiner Verantwortung stellt (und nicht nur in Theorien ergießt) die Hoffnung der Spezies. Und es ist Aufgabe der Wissenden den Einzelnen dazu zu befähigen. Ich schreibe bewußt "Wissenden" nicht LEHRENDEN. Jeder von uns "weiß" irgendetwas und hat die Aufgabe das weiterzugeben, ganz behutsam, von Mensch zu Mensch, nicht von oben nach unten.
Ist natürlich jetzt auch bloße Theorie..denn gegen die Volksverdummung in den meisten Medien ist schwer anzustinken..aber ich richte mein Leben im Kleinen und Privaten danach aus.
Die Ewigkeit, nach der die Lust strebt, diese tiefe Ruhe, nach der der unruhige Geist FN so sehr strebte..nachzuempfinden am Silser See in der Einsamkeit und doch Ganzheit der Natur und des "Selbst".
Und doch..es ist immer nur eine Berührung, ein Hauch, ein Moment der Ewigkeit. Es kann nicht von Dauer sein. Nicht hier und jetzt..aber wenn wir nicht ein wenig davon in uns trügen, könnten wir es dann überhaupt spüren?
Ketzerische aber ernstgemeinte Frage des blutigen Laien: liegt hier, in diesem Zwiespalt, der Kern des Zarathustra??



Arthur Janov

Dazu muß man sich m.E. aber erst von einem gewissen Narzißmus und den dazugehörigen Emotionen freimachen. Sich loslassen um sich auf anderer Ebene wieder zu finden und DORT zu integrieren. Ansonsten sehe ich die Gefahr, sich eher in Emotionen zu verlieren, als zu finden.

lg Barbara













vom 01.02.2006, 10.08
5. von Absurd-AG

Zwei Damen bringen mich um den Schlaf!

Der EINZELNE hat sich sicher nicht so sehr verändert, und seine Situation? (BM)
Oh doch, sowohl der Einzelne hat sich geändert, wie die Gesellschaft sich verändert hat. Allein dies zu begründen, würde die Kommentarfunktion hier sprengen. Benenne nur zwei Stichwörter: narzißtische Gesellschaft und die unreife und infantile Persönlichkeit (beinhaltet auch den Jugendkult und die Schönheits- und Gesundheitsmanie), aber auch als Gesellschaftsäußerung. Übrigens auf Mentalpsychologie-Netz vorhanden.

Ist Herakles, der tapfere Held der grichischen Mythologie, Abbild unserer Gesellschaft, getrieben, wie wir, von Süchten und maßlosen Ansprüchen, und dem Bedürfnis, gottähnlich zu sein?

daß Musikschüler immer auch besondere Menschen sind. Ja und nein. MusikschülerI sind im allgemeinen sensibler...Auch KZ-Aufseher liebten Mozart und Beethoven. Musikschüler sind außerdem meistens aus Liebe zur Sache im Unterricht und damit bei weitem nicht repräsentativ.



Der Mittelpunkt und das Herz des Christenthums ist die Lehre vom Sündenfall, von der Erbsünde, von der Heillosigkeit unsers natürlichen Zustandes und der Verderbtheit des natürlichen Menschen, verbunden mit der Vertretung und Versöhnung durch den Erlöser, deren man theilhaft wird durch den Glauben an ihn. Dadurch nun aber zeigt dasselbe sich als Pessimismus, ist also dem Optimismus des Judenthums, wie auch des ächten Kindes desselben, des Islams, gerade entgegengesetzt, hingegen dem Brahmanismus und Buddhaismus verwandt. - Dadurch, daß im Adam Alle gesündigt haben und verdammt sind, im Heiland hingegen Alle erlöst werden, ist auch ausgedrückt, daß das eigentliche Wesen und die wahre Wurzel des Menschen nicht im Individuo liegt, sondern in der Species, welche die (platonische) IDEE des Menschen ist, deren auseinandergezogene Erscheinung in der Zeit die Individuen sind. (F.N)

Variante der Lust will Ewigkeit:
Alle Lust will aller Dinge Ewigkeit, will Honig, will Hefe, will trunkene Mitternacht, will Gräber, will Gräber-Tränen-Trost, will vergüldetes Abendrot -
- was will nicht Lust! sie ist durstiger, herzlicher, hungriger, schrecklicher, heimlicher als alles Weh, sie will sich, sie beißt in sich, des Ringes Wille ringt in ihr, -
- sie will Liebe, sie will Haß, sie ist überreich, schenkt, wirft weg, bettelt, daß einer sie nimmt, dankt dem Nehmenden, sie möchte gern gehaßt sein, -
- so reich ist Lust, daß sie nach Wehe durstet, nach Hölle, nach Haß, nach Schmach, nach dem Krüppel, nach Welt, - denn diese Welt, o ihr kennt sie ja!
Ihr höheren Menschen, nach euch sehnt sie sich, die Lust, die unbändige, selige - nach eurem Weh, ihr Mißratenen! Nach Mißratenem sehnt sich alle ewige Lust.
Denn alle Lust will sich selber, drum will sie auch Herzeleid! O Glück, o Schmerz! Oh brich, Herz! Ihr höheren Menschen, lernt es doch, Lust will Ewigkeit,
Lust will aller Dinge Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit! (F.N)

Lerntet ihr nun mein Lied? Errietet ihr, was es will? Wohlan! Wohlauf! Ihr höheren Menschen, so singt mir nun meinen Rundgesang!
Singt mir nun selber das Lied, des Name ist 'Noch einmal', des Sinn ist 'in alle Ewigkeit!' - singt, ihr höheren Menschen, Zarathustras Rundgesang!

O Mensch! Gib acht!
Was spricht die tiefe Mitternacht?
»Ich schlief, ich schlief -,
Aus tiefem Traum bin ich erwacht: -
Die Welt ist tief,
Und tiefer als der Tag gedacht.
Tief ist ihr Weh -,
Lust - tiefer noch als Herzeleid:
Weh spricht: Vergeh!
Doch alle Lust will Ewigkeit -,
- will tiefe, tiefe Ewigkeit!«

“Der Mensch kann sich seiner selbst
bewußt sein...
Aber er kann dieses Selbst nur objektiv sehen, wenn er von ihm und seinen Emotionen nicht getrennt ist, das heißt,
wenn er wirklich integriert ist.”

Arthur Janov
Zu mehr reicht mir die Zeit nicht.

vom 01.02.2006, 03.36
4. von Absurd-AG

Hallo Tirilli und Bärenmami!
Mir scheint, Tirilli, Du hast meinen Einlaß zu Nietzsche und der Lust etwas falsch verstanden....bzw. ich habe nicht den gesamten Wortlaut zitiert.


....intoniert, denn Nietzsche wiederholte mit feierlich veränderter Stimme die Mitternachtsschläge der 'alten schweren Brumm-Glocke':

Eins!
O Mensch! Gib acht!
Zwei!
Was spricht die tiefe Mitternacht?
Drei!
»Ich schlief, ich schlief -,
Vier!
Aus tiefem Traum bin ich erwacht: -
Fünf!
Die Welt ist tief,
Sechs!
Und tiefer als der Tag gedacht.
Sieben!
Tief ist ihr Weh -,
Acht!
Lust - tiefer noch als Herzeleid:
Neun!
Weh spricht: Vergeh!

Zehn!
Doch alle Lust will Ewigkeit -,
Elf!
- will tiefe, tiefe Ewigkeit!«
Zwölf!

« In dem abschließenden Kapitel »Das trunkene Lied«, vermag Nietzsche endlich die leidige Abrechnung hinter sich zu lassen und sich ganz dem einen, ihn zur Zeit gefangen haltenden Hauptgedanken zuzuwenden: der Wahrsagung der Ewigen Wiederkunft, um dann im Kapitel »Das Zeichen« die Rahmenhandlung in einer Apotheose zu schließen. Er geht aus von der Frage an seine dem Pessimismus verfallenen Freunde aus der Nachfolge Schopenhauers und dem Wagner-Kreise: »Was dünkt euch? Wollt ihr nicht gleich mir zum Tode sprechen: War das - das Leben? Um Zarathustras willen, wohlan! Noch einmal! - -« Und er fordert sie auf: »Singt mir nun selber das Lied, des Name ist 'Noch einmal', des Sinn ist 'in alle Ewigkeit!' - singt, ihr höheren Menschen, Zarathustras Rundgesang!«

O Mensch! Gib acht!
Was spricht die tiefe Mitternacht?
'Ich schlief, ich schlief -,
Aus tiefem Traum bin ich erwacht: -
Die Welt ist tief,
Und tiefer als der Tag gedacht.
Tief ist ihr Weh -,
Lust - tiefer noch als Herzeleid:
Weh spricht: Vergeh!
Doch alle Lust will Ewigkeit -,
- will tiefe, tiefe Ewigkeit!'

Ihr höheren Menschen, was dünket euch? Bin ich ein Wahrsager? Ein Träumender? Trunkener? Ein Traumdeuter? Eine Mitternachts-Glocke?
Ein Tropfen Taus? Ein Dunst und Duft der Ewigkeit? Hört ihr's nicht? Riecht ihr's nicht? Eben ward meine Welt vollkommen, Mitternacht ist auch Mittag, -
Schmerz ist auch eine Lust, Fluch ist auch ein Segen, Nacht ist auch eine Sonne - geht davon oder ihr lernt: ein Weiser ist auch ein Narr.
Sagtet ihr jemals ja zu einer Lust? Oh, meine Freunde, so sagtet ihr ja auch zu allem Wehe. Alle Dinge sind verkettet, verfädelt, verliebt, -
- wolltet ihr jemals einmal zweimal, spracht ihr jemals »du gefällst mir, Glück! Husch! Augenblick!« so wolltet ihr alles zurück!
- Alles von neuem, alles ewig, alles verkettet, verfädelt, verliebt, oh, so liebtet ihr die Welt, -
- ihr Ewigen, liebt sie ewig und allezeit: und auch zum Weh sprecht ihr: vergeh, aber komm zurück! Denn alle Lust will - Ewigkeit!
B.

vom 31.01.2006, 22.23
3. von Bäremami

Liebe Tirilli!
so, ich habs versucht, seit gestern abend zerbreche ich mir den Kopf, wie ich formuliere und nun ist die Diskussion ganz woanders gelandet. Schwer sich einzuklinken..also schreib ich Dir meine Gedanken mal frei Schnauze..

1972 gehört m.E. in unsere Zeit. Und lag leider bereits voll im Trend. "The show must go on" für die Spiele einerseits und die Realityshow für die Medien. Genauso wird es heute gehandhabt, nur daß die Medien genau schauen, wo es sich "lohnt" und wo nicht (Tsunami/Pakistan).

"Wenn es in einer Gesellschaft nur noch um die Lustbefriedigung des Einzelnen geht (beliebtes Beispiel: Brot und Spiele), dann geht diese entweder unter oder saniert sich in einem Krieg, oder beides, dann kommt eben nach dem Krieg was Neues, Dynamischeres." So hab ich es von meinen beiden Eltern, ja schon den Großeltern vorgebetet bekommen. Ob das nun Historiker auch so sehen? Es geht um lange Phasen, wo würde man bei uns dann ansetzen? Aber waren nicht auch die Weltkriege eine Art "Sanierung", ist es der Irakkrieg nicht auch ursprünglich gewesen - Öl ja, aber auch Ablenken von der innerpolitischen Situation? Das sind nun Fragen, die sich mir stellen, seit ich eben Deine Antwort an Absurd AG gelesen habe. Ja, ich hätte genauso wie Absurd die Tendenz zu sagen, daß wir am Abgrund tanzen..und bin auch ein Sonnenkind..das hätte da auch von mir genauso formuliert dastehen können. Erstaunlich.

Der EINZELNE hat sich sicher nicht so sehr verändert, und seine Situation? Im Gegenteil, in den Phasen des Aufbaus ist sicher der Druck von außen nach Konformität besonders groß: die Freiheit des Einzelnen wird dann viel weniger berücksichtigt..allein weil dann viel Kraft ins Überleben gesteckt werden muß.

Für meine Mutter war ihre Laufbahn als Lehrerin ein einziger Beweis für den langen Abstieg..und nun sind wir bei "Pisa" angekommen, wo ihr lange Jahre nach ihrem Tod noch bestätigt wird wie recht sie hatte. Vergiß nicht, daß Du Fächer hast, in denen um hochzukommen und einen Beruf draus zu machen immer MEHR verlangt wird. Es gibt dort also noch etwas, was über den Schüler hinausgeht, abgesehen davon, daß Musikschüler immer auch besondere Menschen sind. Sei froh und dankbar, Du lehrst ein Fach, in denen es den Schülern um die Sache geht.

Du schreibst "Du kostest die leichte Seite des Lebens aus". Neeee, gerade Du machst Dir Gedanken und hinterfragst. Auskosten, das tun die, die den Container, irgendwelche Superstars, schauen und das NICHT hinterfragen. Auskosten, das ist alles was nach weniger "leicht" riecht, wegzuschieben - das Nachdenken.

Und der Rückzug ins Private kann durchaus auch ein Manifest GEGEN den allgemeinen Trend sein. Um im Kleinen, in der greifbaren eigenen kleinen Welt, so zu leben und die Umwelt so zu gestalten, wie man es für richtig hält. (Kindererziehung zB) Das ist auch meine Reaktion..

Es ist schwer, Philosophen auf ein paar Zitate zu beschränken..die kann man aus dem Zusammenhang reißen und wie hier gesehen kann man alles und sein Gegenteil finden.

Für mich ist die "Leidenstheorie" von den Kirchen (Vorsicht: nicht voreilig urteilen/reagieren: Kirche ist für mich NICHT gleich Religion!) gesteuert worden, um sich die Menschen "klein" und gehorsam zu halten. Das Leben das nur gut war wenn es "Mühe und Arbeit" war..der Inbegriff des Protestantismus. Die Verheißung für später...

Wie wäre es mit einem goldenen Mittelweg zwischen "Brot und Spiele" und "Mühe und Arbeit"? Warum können wir uns nicht irendwo in der Mitte zufrieden geben?????

Da hab ich viel zum Nachdenken für den heutigen Tag....

Liebe Grüße
Barbara

vom 31.01.2006, 10.58
2. von Absurd-AG

Habe soeben gesehen, daß Du dort geschrieben hast.
"in diesem Fall denke ich, es ist eine gesunde und hilfreiche Anlage, Fernbleiben von Leid als den Normalzustand zu empfinden. Diese Schutzfunktion hilft uns, Hoffnung zu bewahren und nicht entmutigt aufzugeben" Im Prinzip schon richtig. Wie sagte Nietzsche so schön: Alles Leben sucht Lust, unendliche Lust. Nur die heutige infantile Gesellschaft dreht sich in immer schnellerer und absurder Weise wie die Derwische an den Abgrund.
Auch ich erfreue mich an meinem Dasein und bin froh, bislang nicht über Gebühr mit Leid traktiert (ge-worden) zu sein. Im Gegenteil, da bin ich ein begünstigtes "Sonnenkind" :)

vom 31.01.2006, 00.56
Antwort von Nickname:

In einem unterscheiden wir uns sehr. Vielleicht wegen unseren Berufen. Ich kann überhaupt nicht sehen, dass die Gesellschaft schlimmer ist als früher. Was ich mit früher meine... hm,  lassen wir mal die Apokalypse des Weltkriegs aus. Ich denke zum Beispiel an die Tragödie bei den olympischen Spielen in München 1972 weil ich gerade eben den teilweise schrecklich gemachten Dokumentationsfilm darüber gesehen habe. Neben all dem Horror bleibt mir besonders drastisch folgende Situation im Gedächtnis: Jeder wusste schon von zwei Toten. Jeder wusste von der unlösbar schlimmen Situation. Trotzdem lagen nur etwa  100 Meter vom Geschehen entfernt Sportler an den Pools und genossen ihre freie Zeit. Die Terroristen konnten dem Treiben vom Balkon aus zusehen! DAS ist heutzutage nicht mehr so leicht möglich, da präsentierte sich ein Bild der Gesellschaft wie es im Moment nicht möglich ist. (Das kann sich aber natürlich wieder ändern.) Jede Zeit hat ihren Wahnsinn! Immer schon wurde in christlicher Kultur mit Tieren grausam verfahren, immer schon ist Sorgsamkeit im Umgang mit Lebewesen und Natur ein Fremdwort gewesen. Zum Stichwort "infantil" Nun, das, heißt nur "kindlich". Heile Welt suchend, sich blind stellend, sich beeinflussen lassend und in der eigenen kleinen Welt verhaftet. Ja war denn das jemals anders? Und irgendwie hat auch jeder das Recht dazu sein Leben so zu gestalten. Ich koste teilweise auch die leichte Seite des Lebens aus, ganz bewusst. Zugegeben, es ist katastrophal für die Gesellschaft weil sich nichts bewegt und die Mächtigen auf den Köpfen herumtanzen können.
Der Abgrund war immer schon in Sicht. Und oft kam dann trotzdem wieder eine neue Komponente mit der niemand gerechnet hatte und alles nahm einen anderen Verlauf. Oder meinst du die innere Wüste? Ich beobachte junge Menschen nun schon über 20 Jahre. Und das nicht nur oberflächlich, schließlich gebe ich Einzelunterricht. Sie sind nicht "schlechter" geworden, sie sind gleich sensibel und ansprechbar wie früher. Aber dem Leistungsdenken und materiellen Wünschen doch mehr ausgeliefert als früher. Mehr Zukunftsängste, das schon. Ach ja, und angepasster. Die Medien, manipulieren mehr, das auch. Es gibt mehr Möglichkeiten sich einfach nur zu unterhalten.

Zu Nietzsches Zitat von unten:
Ja, ich verstehe schon was da gemeint ist. Aber das ist die Kehrseite der abgehobenen Philosophie:

Die Realität



Zitier es mal ihm und seinen Angehörigen. Sie würden dir ins Gesicht schreien. Da ist alles anders als im stillen Kämmerlein mit einem Gläschen Wein und einem Buch in der Hand.

Bei den Opfern mit ihrem jämmelichen einzigen Leben....



1. von Burkhard

Hallo Tirilli! Nun hast Du deinen Kesselalptraum gut beendet? Habe gerade den "Schaukasten" (Fernseher) angehabt. Dort wurde in zwei Doku-Filmen einmal mehr die Absurdität vorgeführt. Schlacht-und Fleisch-mafia, Hühnerbatterien,Klimawandel, Südamerika und die Machenschaften des Teufels Stellvertreters auf Erden (Bushistan)
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§. 149.
Wie der Bach keine Strudel macht, so lange er auf keine Hindernisse trifft, so bringt die menschliche, wie die thierische Natur es mit sich, daß wir Alles, was unserm Willen gemäß geht, nicht recht merken und inne werden. Sollen wir es merken; so muß es nicht sogleich unserm Willen gemäß gegangen seyn, sondern irgend einen Anstoß gefunden haben. - Hingegen Alles, was unserm Willen sich entgegenstellt, ihn durchkreuzt, ihm widerstrebt, also alles Unangenehme und Schmerzliche empfinden wir unmittelbar, sogleich und sehr deutlich. Hierauf beruht die, von mir öfter hervorgehobene Negativität des Wohlseyns und Glücks, im Gegensatz der Positivität des Schmerzes.
Ich kenne demnach keine größere Absurdität, als die der meisten metaphysischen Systeme, welche das Uebel für etwas Negatives erklären*[132]; während es gerade das Positive, das |
V318 sich selbst fühlbar machende ist; hingegen das Gute, d.h. alles Glück und alle Befriedigung, ist das Negative, nämlich das bloße Aufheben des Wunsches und Endigen einer Pein. [H: Unfälle, große und kleine, sind das Element unsers Daseyns.] Nachträge zur Lehre vom Leiden der Welt ganz zu schweigen von Nietzsches Aussagen...!
:(

vom 31.01.2006, 00.41