Ausgewählter Beitrag

Aus dem Arbeits-Nähkästchen

Fünf Therorieklassen hatte ich in diesem Schuljahr. Heute war die letzte, mit Wettspiel und süßen Preisen. Hah, schön, das also erstmal vorbei. Nächste Woche also 5 Stunden weniger Arbeit, so lässt man sich den Schulausklang gerne versüßen, jajaah...

3 Klassen mit den Kleinen, jede war anders.

Die eine mit ca. 23 Kindern:
Total konstruktiv, einfach nur klasse, ansprechbare begeisterungsfähige und aktive Kinder, ein Traum...

Die andere, auch so viele, hier aber mit einem verhaltensgestörten Kind. Es legte es massiv darauf an, jede gute Stimmung zu verstören. (Doch, das Wort "verstören" passt da!) Das ging so weit, dass andere Kinder schon mal entnervt riefen: "Hör doch endlich auf, wir wollen doch was lernen!" Und das, weil ich versuchte, ihn trotzdem so wenig wie möglich zu reglementieren. Denn mit den von diesem Kind provozierten Situationen befindet es zwingend am absteigenden Ast. Nämlich dadurch, dass dieses 8-jährige nur Ablehnung erfährt. Ich nützte jede noch so kleine Gelegenheit, dieses Kind auch mal aufzubauen. Einmal hatte es eine Silbermedaille "gewonnen". (Ich schrieb ja schon mal, dass ich mit Spielen und Wettbewerben arbeite) Dieses Kind hatte durch diesen einmaligen kleinen Erfolg, (von mir wurde ein Auge sehr zugedrückt) einen Anfall von Freude, das kann man sich nicht vorstellen. Es johlte so gurgelnd, dass seine Stimme richtig tierisch klang, fast erschreckend! Und es hüpfte unbeherrscht herum vor lauter Begeisterung. Wenig Selbstbewusstsein, sehr unglücklich - das konnte ich daraus ersehen. Aber die Gruppe machte es kaputt, es gab kaum mal ein harmonisches Arbeiten. Gott sei Dank ist es jetzt in Psychotherapie... Und Gott sei Dank habe ich das hinter mir, ist ja nur Einjährig, dieser Kurs...

Die dritte Gruppe war auch problematisch. Weil zu klein für meine Methode. 5 Mädchen und 3 Buben, die waren durchwegs wilde unruhige Lauser die sich gegenseitig hochpuschten. Das Problem in der Gruppendynamik: Die Buben vehement gegen die Mädchen und umgekehrt. Teamarbeit also sehr eingeschränkt, Vorbehalte, Kampfstimmung. Aber ich gewann stets und erreichte, was ich wollte. Aber es war richtig Arbeit...

Dann hatte ich noch zwei Klassen mit Pubertierenden und Erwachsenen gemeinsam.

In der einen war auch ein Pensionist der sein ganzes Leben allein gelebt hatte. Das spürte man! Selbstbezogen bemerkte er manches Notwendige nicht. Zum Beispiel, wenn er voreilig die Lösungen rausposaunte, meist, bevor die Jüngeren überhaupt nachdenken konnten. Ich sprach öfter mal scherzhaft vom Maulkorb für ihn. :-) Er lächelte dann immerhin. Langsam kapierte er dann und hielt sich etwas zurück. Aber einmal schrie er los: Die anderen mögen sich doch bitte ruhiger benehmen, es sei eine Zumutung, wenn sie quatschten und das war noch der sanfteste Ausdruck. Ich schwieg dazu, zwinkerte aber heimlich den "Deliquenten" zu. (Auweia, hoffentlich hatte er das nicht bemerkt, ich war mir damals nicht sicher...) Ich hielt zu den Jungen. Denn gute Stimmung im Unterricht geht mir über alles! Will mal jemand ein bisschen mit seinem Nachbarn raunen, lasse ich das ganz bewusst kurz mal zu. Nicht lange, aber doch. Das symbolisiert Akzeptanz Wertschätzung für die Schüler! Das ging, denn im Grunde waren alle total willig und ansprechbar, null Problem! Durch meine Reaktion bei der Geschichte hatte ich die jungen Leute noch mehr in der Tasche. Der Pensionist aber wurde sehr schel angesehen.

In der anderen Gruppe war unter anderem ein frisch pensionierter Facharzt. Der war es gewöhnt, in seinem Umfeld eine Autorität zu sein. Und nun war er plötzlich Schüler. Leicht fiel ihm die neue Rolle nicht. Von seinen familiären Wurzeln her war er außerdem stets hohes Leistungsdenken gewöhnt, in allem der Beste, mindestens das! Aber nun mal nicht. Denn in meinem Unterricht stand nicht immer die Leistung im Vordergrund. Sondern Aufmerksamkeit, Spontaneität und Reaktion. Für einen stets kopfigen Menschen eine Herausforderung mit Stress. Aber den Stress musste er wiederum verbergen... Im feinen Anzug gab er den distinguierten Herren. Und im Grunde war er das auch. Einer, der sich mit Philosophie auskannte und auch sonst humanistische Disziplinen mit Leidenschaft pflegte. Einer, der zehn mal mehr weiß als ich. Nun also etwas, dass ihm als Kind versagt blieb: Musik und ihre Theorie. Für Erwachsene nicht immer leicht, sowas. Toll, dass er dabei war! Und für mich immer wieder spannend.

Arbeit mit Menschen... da wird einem nie fade. Und das ist wunderbar.

Nickname 01.07.2010, 00.44

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Elena

Nun, lebte ich in Deiner Nähe: ich käme zu so einem Kurs, und wie gerne sogar!!
Liebe Tirilli, es ist zu spüren, mit welch Begeisterung Du Deine Arbeit machst - schön!

Weiter so!

...uuund, wie geht es dem Kätzchen?

LG E.

vom 01.07.2010, 12.10