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Gedanken sind die Realität einer anderen Ebene.

Ich blickte von meiner Gartenliege aus hinüber zu der jungen Mami mit ihrem sonnigen Wonneproppen, sah, wie die beiden kommunizierten und das Kleine vergnügt quitschte. Und ich freute mich wieder einmal daran, was für eine wunderbare 1a- Mama meine liebe Frau Mo ist.
"Hach, wenn das die Emi erleben hätte können, wie sehr hätte sie sich gefreut!" rief ich rüber. "Emi" hieß meine Mutter für die beiden salzburger Nichten. Ich musste heute so seltsam oft an meine Mutter denken.

Der Tag ging seinen Lauf, wir hatten auf der Terrasse gegessen, die Dunkelheit brach herein und mir kam schon wieder Mutti in den Sinn.
"Weißt du Mo, nachdem Emi gestorben war, saß ich mit ein paar Kerzen tagelang jede Nacht allein hier und blickte zu den blinkenden Sternen hinauf. Es waren besonders sternenklare Nächte und ich stellte mir vor, wie sie nun da oben irgendwo ist, in den Weiten des Universums." Und ich dachte bei mir: eigentlich hatte ich damals sehnsuchtsvoll auf ein Zeichen von ihr gewartet, es einerseits ersehnt, aber ebenso gefürchtet. Und ich hatte ihr innerlich vorgeworfen, dass keines kam. 'Warum hast du mich so vollkommen verlassen?' So dachte ich damals.

"Wann war das denn, wann ist Emi denn schnell noch gestorben?" fragte Frau Mo. Ich musste überrascht nachdenken. "1997, aber ich weiß jetzt nicht genau den Tag... hm... Oh, das war doch genau jetzt im August! War das etwa in diesen Tagen? Was ist denn heute für ein Datum?"

Man muss wissen, ich lege bewusst keinen Wert auf solche Termine, es ist für mich eine Art Psychohygiene sie nicht zu beachten, ich besinne mich lieber dann, wenn mir danach ist und dafür
ganz echt. Für die Toten spielt doch unser Kalender gar keine Rolle? 

Ich eilte zum Computer um das Datum zu erfahren. War es etwa heute?? Ich habe es nirgends notiert! Meine Schwester war plötzlich in ihrem Zimmer verschwunden und als sie wiederkam: ja heute!

Ergriffen begab ich mich alleine wieder auf die Terrasse und tat, was ich sonst am Friedhof immer tue. Ich visualisierte meine Mutter, bemühte mich, sie gedanklich vor mir zu sehen, körperlich, wie sie da zu stehen pflegte, was sie ausstrahlte, ihre Art zu schauen, alles.

Wo sie steht, kann ich mir in solchen Momenten nicht aussuchen, es geschieht einfach.

Heute stand sie am Ende der Terrasse, aber sie blickte unvorhergesehen nicht zu mir. Sie sah in das erleuchtete Fenster und versuchte die kleine Carina zu erspähen.
'Willst du mir etwas andeuten Mutti? Soll ich etwas verstehen?'
 
Wir saßen dann später am Esstisch und spielten Karten. Eine Pause entstand, ich nütze sie sofort noch einmal hinaus zu gehen. Und da war sie wieder. Ich spürte meine Mutter intensiv immer noch an derselben Stelle.

Kurze Zeit später, nach dem Spiel, während Frau Mo das schlafende Baby ins Bettchen trug und ich gespannt die Terrasse betrat, war Mutter weg. Ich fühlte es gleich als ich die Tür aufmachte, sie war nicht mehr da.
Da stellte ich mich auf die nächtliche Wiese, blickte zur blinkenden Milchstraße empor, hob die Hände über meinen Kopf, flüsterte "ommm" und stellte mir vor, wie ich ein Teil des Universums bin und von allem was da ist umfangen werde. Und im nächsten Moment durchschnitt eine Sternschnuppe leuchtend den weiten Himmel!

Manche werden jetzt vielleicht denken, was ist denn das für eine Geschichte, das ist doch reinste Versponnenheit. Für mich spielt es aber keine Rolle, ob Mutters Geist wirklich da war oder ob alles nur in meinem Kopf entstand. Entscheiden ist, dass es so gefühlt wurde.

Gedanken sind die Realität einer anderen Ebene.

Nickname 08.08.2008, 01.54

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Kommentare zu diesem Beitrag

5. von Klaudia

1.) glaube ich NICHT, daß es eine versponnene Geschichte war.
2.)ob sie nun nur in Deinem Kopf war, oder nur gefühlt, oder als real empfunden:
auf jeden Fall leben die Verstorbenen auf diese Weise weiter (wie man so schön sagt) und ich glaube daran.
Ich muß ganz oft an meine Oma G. denken.

Danke für Deine Mail mit dem schönen Foto. Es ist nun in meinen Bilschirmschoner integriert und wird mir nun öfter begegnen.
"Heiße" Grüße
Klaudia


vom 13.08.2008, 01.41
4. von katinka

Das ist so ein schwieriges Thema. Natürlich trägt mein seine lieben Toten zu allererst im Herzen, ohne Datumsbezug ab einer gewissen Zeit, immer und nicht nur an ihrem Todestag.
Das tue ich auch mit meinem Vater, der 4 Tage vor Weihnachten gestorben ist, vor 2 Jahren.
Ich hab ganz viel Zeit gehabt mich von ihm zu verabschieden und somit ist alles Zeitlos geworden, unendlich zeitlos.

Wenn man sich nicht verabschieden konnte, wenn man nie begreift, das derjenige (vielleicht das Liebste was man hatte, neben seinem Kind) nie mehr wieder kommen wird, ... wenn es nichts gibt, das diese Trauma begreifbar macht ... dann bleibt nur noch ein Datum wie ein Brandzeichen, so tief ... neben allen Erinnerungen im Herzen.

vom 09.08.2008, 02.17
3. von Inge aus HH

Liebe Tirilli,

so sehe ich es auch: Gedanken sind die Realität einer anderen Ebene. Du hast es so wunderbar erzählt, hab vielen Dank dafür.

Schönes Wochenende
von Inge aus HH :-)

vom 08.08.2008, 20.31
2. von Trommlerin

Ja, liebe Tirilli, es ist dein Erleben und somit deine Realität. Zwischen den lebenden und verstorbenen Menschen die wir lieben und uns, gibt es eine Seelenverbundenheit. Ob wir die Menschen sehen oder nicht, wenn wir sie fühlen, sind sie präsent.

Liebe Grüße ~ T :-)

vom 08.08.2008, 09.12
1. von Eveline

Sie hat dich offensichtlich nicht wirklich so verlassen, wie du meintest, sie ist immer noch da....

Erst wenn wir in den Gedanken unserer Lieben gestorben sind, sind wir wirklich tot.

Es muss nicht immer alles greifbar und beweisbar sein, was wahr ist....

*ganz lieb drück*
Huggels, Eveline

vom 08.08.2008, 08.15