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Mein Brot, dein Brot, unser Brot.

Es schmeichelt sich in mich hinein, Körner bleiben zwischen den Zähnen stecken, jetzt ein Bäuerchen machen, hach, wenn ich doch schnurren könnte. Ich knabbere an meinem weichen Biobrot. Herrlich.

Wie so oft war ich nach der Arbeit in jenem Billa, der länger auf hat. Ich konnte mir Zeit lassen, immerhin noch 20 Minuten bis zum Ladenschluß. Am Biobrot-Regal gähnende Leere wie stets. "Seltsam" hatte ich schon oft gedacht, "in diesem Laden ist sämtliches Biobrot stets ausverkauft, das andere bleibt übrig. Ob das an den gehobenen Ansprüchen der reichen Leuten in diesem Stadtbezirk liegt?"

Diesmal aber entdeckte ich in einem der unteren Fächer ganz hinten, wie in einer dunklen Höhle, doch noch einen verborgenen Laib. "Hm, zu groß und nicht meine Sorte. Oder soll ich?"
Der Gedanke erübrigte sich, denn im nächsten Moment war die Wegwerfhexe da, packte das versteckte Ding und mit Schwung flog es in einen tiefen tiefen schwarzen Sack. Der aber war schon halb gefüllt, womit wohl?

Ich räusperte mich und sagte vernehmlich: "Aha, deshalb finde ich hier im Bioregal stets nichts, ich hatte mich schon gewundert!"  Zwei Augenpaare blickten von drüben ausdruckslos in meine Richtung, es waren die der Wurst- und Käsefrau und die Brotwegwerf-Hexe vor mir musterte mich auch nur wenig interessiert. Klar doch, so hohl blickt man kurz vor Dienstschluß, dachte ich jetzt, verstehe ich ja eh....

"Haben Sie in dem Sack noch anderes?" Ich beschrieb kurz was ich wollte und schon tauchte aus der dunklen Unterwelt genau mein Brot auf. Frisch, knackig, duftend.

Ich dachte an sonnenbeschienene Roggenfelder in sanfter Brise, an die engagierten Biobauern mit ihren unangekündigten Kontrolloren, an die Bäcker mit dem guten Willen, ohne Cemie zu arbeiten. Und an die afrikanischen Kinder mit den Hungerbäuchen dachte ich auch.

"Sie müssen das wegschmeißen, nicht wahr? Welch Sünde! Wenn Sie es wenigstens für sich benützen dürften....!" die drei mit dem Pokerface nickten nun leicht, immerhin war ja doch noch Leben in ihnen.

An der Kassa erinnerte ich mich an den Bettler, der letztes Jahr im Winter immer in der Eiseskälte vor den Einkaufswägen dieses Supermarktes gehockt hatte. Wir hatten uns stets zugenickt, eine Lächeln und die obligate Münze waren Standard geworden. Und genau nach mir hatte er sich immer erhoben und war gegangen. Ein ganz Armer aus Osteuropa, ohne Deutschkenntnisse, bescheiden, nett.
Er wird wohl nicht gewusst haben, welche Schätze da nur zehn Meter hinter ihm in dem großen Müllcontainer verborgen wurden.

Dem Geschäftsführer ist alles andere streng verboten, wie ich weiß. Er darf nur: WEGSCHMEISSEN. Tut er etwas anderes, riskiert er die Kündigung. Seine Angestellten auch.

Ich fuhr heim und phantasierte von Aktionen in Blogs gegen diesen Wahnsinn. Aber ach, was würde es helfen. Gegen die Ankurbelung des Konsums, auch auf solche Weise, ist kein Kraut gewachsen.

Nickname 15.03.2012, 10.13

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Kommentare zu diesem Beitrag

4. von christine b

es ist zum heulen!sowas darf doch nicht sein!!!
bei uns ist das in den supermärkten auch so.
unser dorfbäcker verkauft es am nächsten tag um den halben preis.

auch am donnerstag von 11-12h (nachmittags ist zu) gibt es semmeln und weckerl um den halben preis.
viele ärmere leute gehen da einkaufen und frieren die semmeln ein.gut, dass sie so etwas machen!

vom 18.03.2012, 13.43
Antwort von Nickname:

So ist es! Wie kann man das ändern.... tja, ich weiß auch nicht...
3. von Vreni CH

Hier klicken
2. Versuch
Grüss us de Schwiz

vom 15.03.2012, 13.56
Antwort von Nickname:

Danke Vreni!
Bei uns war letztens eine Doku über sowas in Wien. Ein Pensionist, er war früher bei der Bahn, Lokomotivführer oder sowas, zieht in Eigenregie täglich von Supermarkt zu Supermarkt und sammelt Lebensmittel für die Obdachlosen und Armen. Er erlaubte dem ORF-Team nicht, da mitzuziehen, bzw. mitzudrehen, die Geschäftsführer jener Supermärkte die er dafür rumgekriegt hat, dürfen nicht verraten werden. Ein ganz beeindruckender Mensch ist das!
Aber nichts mit offiziell. Und hier bei uns in Südösterreich gibts da gar nichts....
Vielleicht wird das bei euch bekannter und bringt was ins rollen. Wäre wohl zu schön um wahr zu sein...
Liebe Grüße!
2. von Vreni CH

bei und ist auch verboten am anderen Tag zu verkaufen. Immerhin reduzieren sie die "verderbliche" Ware ab 16.oo Uhr samstags und es gibt einige Menschen, die darauf warten.
Aber es ist wirklich sch...., was mit unseren Lebensmittel passiert. Macht mich richtig :wut:
Es gibt bei uns Hier klicken+deck+dich+Schweiz&rlz=1I7ADFA_de aber eher unbekannt.


vom 15.03.2012, 12.04
Antwort von Nickname:

Gute Sache, das mit Samstag, zwar nur an einem von 6 Tagen, aber immerhin. Ich weiß gar nicht, ob es das auch bei uns gibt. Aber unlängst beobachtete ich einen Frau in besagtem Supermarkt die sich äußerst seltsam benahm. Ich wies die Kassiererin drauf hin. Da sagte sie, das sei wohl eine, die nach abgelaufener Ware suche. Solche gäbe es, solche versuchten so, zu etwas zu kommen.
Liebe Grüße!
1. von Ulla S.

Also bei uns wird oftmals beim Bäcker Brot und manch andere Sachen vom Vortag zum halben Preis angeboten.
Auch geht viel an die örtlichen Tafeln, die sehr rege besucht werden.

Gibt es das bei euch auch?

Gruß Ulla S.

vom 15.03.2012, 11.08
Antwort von Nickname:

Hallo Ulla.
Nein, zumindest weiß ich nichts davon. Die Verkäuferinnen bestätigten ja auch das Wegwerfen. Das muss unbedingt auch bei uns geändert werden...
Liebe Grüße!