Ausgewählter Beitrag
Melancholie
Nach langem Überlegen habe ich mich nun entschieden, darüber zu schreiben. Auch wenn es vielleicht nicht gut ist, eine Art Tabubruch sogar, aber es muss raus, sonst kann ich hier nicht weiterbloggen.
Ich bin eine Betroffene der Herbstdepression und das recht stark. Etwa 10% der Bevölkerung leiden darunter, aber darüber sprechen wollen nur wenige. Es ist ja auch fast sinnlos, es zu erklären, wer es nie erlebt hat, kann es kaum nachvollziehen.
Es ist ein Teufelskreis. Man wird unfähig, notwendige Dinge zu erledigen. Was anderen wie ein Klacks erscheint, empfindet man als fast nicht bewältigbar. Nun drückt das schlechte Gewissen und Selbstvorwürfe geben den Rest.
Vor einer Woche hatte ich den ganzen Kleiderkasten ausgeräumt um ihn zu putzen und vieles zur Kleidersammlung zu geben. Der Kasten ist sauber, aber der Wäscheberg liegt immer noch da und drückt mir auf die Seele. Am Esstisch liegt ein Berg Papier, er wäre dringend abzuarbeiten. Ich habe schon dreimal angefangen, nach 5 Minuten gab ich auf, fühlte mich zu gelähmt um weiterzumachen.
Ich bin ständig kurz vorm Weinen, aber können tu ich es dann doch nicht.
Ich sehe mir zu, wie ich mich kaputt mache. Die Zigaretten werden fast gefressen, Bewegungsmangel und Süßigkeiten geben meinem Körper den Rest. Vor drei Tagen habe ich vor dem Kochen ein drittel einer Eispackung in mich hinein gelöffelt...
Heute habe ich es noch nicht geschafft, in den Dachboden zu gehen um ein wenig Adventschmuck zu holen. Ihr könnt euch sicher nicht vorstellen, dass sogar das masslos Überwindung kostet....
Aber heute habe ich mich immerhin zusammen gerissen und aus Vernunft einen Spaziergang gemacht. Zu Mittag kam nach vielen Nebeltagen die Sonne raus. Ich lief eilends an scheinbar heiteren und zufriedenen Familien und Pärchen vorbei, lächelnd um die feuchten Augen zu verbergen. Vermutlich hat man es mir trotzdem angesehen. Ich selbst erkenne solche wie mich immer sofort. Und ich weiß, es macht mich unsympathisch....
Ich weiß schon, einige werden jetzt sagen, ich solle ein Medikament nehmen. Über Johanniskrautextrakt habe ich auch schon nachgedacht. Aber ich will eigentlich nicht.
Die Dunkelheit ist ein Teil des Lebens, ich will mich ihr stellen. Will sie nicht wegschwindeln, wo sie doch ein Teil von mir ist und mich befähigt, anderer Dunkelheit besser zu verstehen. Auch sie hat mich zu dem gemacht, was ich jetzt bin. Weniger oberflächlich sein, durch dieses Eintauchen.
Von Natur aus bin ich aber ein sonniger Mensch! Von Mitte Januar bis Oktober, immerhin! Bei Schülern und Freunden gelte ich sogar als lustig! Und keiner kennt diese andere Seite. Ist auch besser so.
Jetzt wisst aber ihr es und glaubt mir, es ist mir nicht leichtgefallen, dies zu schreiben.
Vielleicht kann ich jetzt aber wieder bloggen, auch das schien mir gestern nicht mehr möglich.... ein Befreiungsversuch...
Grüß Dich (((Tirilli)))
ich habe schon vor einer Woche Deinen Eintrag gelesen, aber ich konnte nicht antworten .... stecke wohl auch in einem Tief - nicht Depri - aber es ist auch eine Antriebslosigkeit da und ich habe ziemlich zugenommen, weil ich mir so "gutes" Essen gönne ....
Ich wünsche Dir, dass es bald wieder aufwärts geht .... das ist auch meine Erfahrung und Gewissheit:
Nach jedem Tief geht es wieder aufwärts
Ganz liebe Grüße von Eva
vom 10.12.2006, 11.00