Ausgewählter Beitrag

Persönliche Allerheiligengedanken.

Gestern hatte ich das Grab meiner Eltern allerheiligentauglich gemacht.

Es war viel zu rupfen, jedes Jahr dringt mehr Schachtelhalm durch die Dachpappe unter den Steinen, wächst aus sämtlichen Fugen und besetzt das kleine Beet stets wieder so schnell, als wollte dieses unselige Kraut mir zeigen, dass es ja doch dorthingehöre.

Einen Elternteil hatte ich so sehr geliebt.. meine Mutter.
Den Vater aber hatte ich gemieden wann ich nur konnte, schon von frühester Jugend an. Und musste mich dann erst recht 7 Jahre lang ganz allein um den Witwer kümmern.

Aber was war heute....

Ich kam hin zum Grab meiner Eltern, hatte zwei Kerzen entzündet und eilte gleich wieder weg. Aufkommende Gedanken nicht zulassend. Nur ja nicht runterziehen lassen in der Düsternis dieser grauen Tage im Zeichen des Nebels.

Die Liebe zu meiner Mutter ist nur noch wie ein Nebel im Untergrund der Seele. Drüber lagern Vorwürfe, wie Schachtelhalm wuchern sie in mir und lassen sich auch nur schwer entfernen.

Bevor sie starb, in dieser schweren Zeit töchterlicher Hingebung während die bösartige Krankheit ihren Körper so grausam verfallen ließ, wusste ich noch nichts. Auch in den Jahren nach ihrem Tod noch nicht.
Erst während der Therapie erwachte in mir das Wissen um das seelisch vernachlässigte Kind das ich schon seit frühester Kindheit gewesen war. Ich hatte ja nichts anders gekannt!

Und nun weiß ich also, woher meine Brüche kommen. Sie werden auch mich bis ins Grab begleiten. 

Als ich den Schachtelhalm an der Oberfläche entfernt hatte, sah ich unterirdische Knospen in Mutter Erde. Und verstehe nun gerade eben dieses Bild: Dass auch die inneren Verletzungen meiner Mutter so waren: Sie wurzelten tief, zu tief um etwas besser machen zu können...

Nicht ausrupfbar ist der Schaden durch vermisste Mutterliebe. 

Und so wächst der Schachtelhalm halt weiter, aber ich habe inzwischen gelernt: Man kann auch mit missliebigen Wurzeln recht gut leben. Man muss sie als vorhandenes Eigentum akzeptieren und lernen sich zu versöhnen.

Ich habe vor, einmal so weit zu sein.

Nickname 01.11.2011, 23.11

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Kommentare zu diesem Beitrag

3. von vonferdl

was Du alles vorhast ....
immer schön eines nach dem anderen!

vom 02.11.2011, 22.59
2. von Sinta

Das hat sich bei mir jetzt richtig gut
eingeprägt. Nie wieder werde ich einen
Schachtelhalm anschauen können, ohne an
Dich zu denken.

vom 02.11.2011, 19.45
1. von Viola

Was für eine klare Aussage - und welch treffende Symbolik.
Es könnte nicht punktgenauer formuliert sein.
Danke!

vom 02.11.2011, 07.03