Ausgewählter Beitrag

Todesstrafe.

Meinen heutigen Beitrag widme ich aus gegebenem Anlass diesem schrecklichen Thema, es liegt mir sehr am Herzen. Warum ich gerade jetzt dieses Thema aufgreife. Erklärt sich hier

Ich bin eine leidenschaftliche Gegnerin der Todesstrafe. Denn meiner Meinung nach hat jeder Mensch ein Recht auf Reue.  Wir können unser Unrecht begreifen, bereuen, sühnen und uns glaubwürdig zu einem neuen Menschen entwickeln. Das unterscheidet uns vom Tier. Diese innere Arbeit des Täters wird von den Befürwortern der Todesstrafe gering geschätzt oder sogar rundweg abgestritten.

Es mag ja sein, dass teilweise die Mörder ihre innere Gewissensstimme in sich ausgerottet (bekommen) haben. Aber wer will das wissen, wer schaut in das Herz eines Menschen?

                Ich werde niemals vergessen...

Da gab es eine Frau in Texas, sie hieß Carla Faye Tucker. Sie war es die mich zutiefst beeindruckte und mich in meinen Kampf gegen die Tosesstrafe bestärkte.
Tucker hatte eine extrem schwere Kindheit, wurde vergewaltigt und mit Drogen vollgestopft Dann verübte sie im Drogenrausch einen bestialischen Mord, der sicherlich fast unentschuldbar ist. Aber in den vielen Jahren im Todestrakt wurde sie zu einem "neuen" Menschen. Im laufe der ca. 20 Jahre in der Todeszelle wandelte sie sich glaubhaft. Alle Interviews mit ihr hatten mich sehr beeindruckt, sie war gläubig geworden und hatte zutiefst bereut. Ich habe zahlreiche ihrer Interviews gesehen. Sie ertrug ihr Schicksal gefasst und ihre letzten Worte waren die Bitte um Vergebung.

Bush hat sie ermorden lassen... trotz weltweiter Proteste. Das kann ich ihm niemals verzeihen.

Ob die Befürworter des staatlichen Mordes sich auch nur einen Moment Gedanken darüber gemacht haben, was es bedeutet, auf den "Elektrischen Stuhl" oder die Giftspritze zu warten, den Todestag herannahen zu sehen? Die monatelangen Todesängste die viele wahnsinnig werden lassen?

Um das rechte Verhältnis herzustellen, müsste die Todesstrafe gegen einen Verbrecher verhängt werden, der sein Opfer zunächst warnt, dass er es an einem bestimmten Tag auf schreckliche Weise ermorden wird, und es von diesem Moment an monatelang in seiner Gewalt gefangen hält. Ein solches Ungeheuer wird man im privaten Bereich nicht finden.

Albert Camus

Für mich ist es besonders bemerkenswert, dass die Amerikaner sich selbst trotz ihrer Barbarei für vorbildlich christlich halten. In einem Staat in dem fast jeder, besonders in den konservativen Südstaaten, sonntags Jesu preist und vor jeder Mahlzeit inbrünstig Gebete murmelt, wird das 5. Gebot mit Füßen getreten. Gerade dort befleißigt man sich der ärgsten Barbarei.

Noch  bis 1988 wurden im amerikanischen "Bibelgürtel" in dessen Bereich es mehr Kirchen als "Shopping Malls" gibt, geisteskranke Jugendliche zum Tode verurteilt. Vor Menschen die mit ihren Rachegefühlen darauf drängten, dem Grauen zusehen zu dürfen.

Todesstrafe ist nichts anderes als Rache.

"Auge um Auge, Zahn um Zahn macht die ganze Welt blind"

Mahatma Ghandi


Rache hinterlässt bei ihrer Erfüllung  nur schalen Nachgeschmack und seelische Verfinsterung. Sicher würde auch ich, wenn ich Angehörige eines Opfers wäre in der ersten Zeit unbändige Rachegefühle entwickeln, wäre aber später sicher froh, vom Staat daran gehindert worden zu sein!

Nun noch zwei mir wichtige Sätze die ich irgendwo aufgelesen habe, von wem sie sind, weiß ich leider nicht.

Der entsetzliche Ruf nach der Todesstrafe erniedrigt die Menschheit in ihrem mit Rückschlägen verbundenen, mühseligen Ringen um Humanität!

Es kann nicht sein, dass man durch das Töten eines Menschen beweisen will, wie falsch es ist zu töten!

Zwei Drittel aller minderjährigen Straftäter, die in den vergangenen zehn Jahren weltweit hingerichtet worden sind, starben in den USA. Dieser Staat, der sich so gerne als Weltpolizist aufspielt, stellte sich damit auf eine Stufe mit Staaten die er so gerne als Schurkenstaaten bezeichnet.
Es gibt immer noch eine große Zahl sehr rechtsstehender Evangelikaner, die die Aufhebung der Todesstrafe für Minderjährige bedauern. Damit führen sie ihr so laut vor sich her getragenes Christ-sein nicht nur ad absurdum, sie schaden auch dem Christentum weltweit.


Todesstrafe ist die Perfektionierung
der Verdrängung der Mitschuld der Gesellschaft
an der Entstehung von Verbrechen


Dr. phil. Gerald Dunkl
(*1959)

Eine besonders aufschlussreiche Seite zu diesem Thema gehört
Rudolf Andreas.


Nickname 02.03.2005, 23.24

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Kommentare zu diesem Beitrag

6. von Karin

Irren ist menschlich - selbst der Justiz können leider Fehler unterlaufen. Dies sollte bereits Grund genug sein, um die Todesstrafe abzuschaffen. Bei der Hinrichtung einer unschuldigen Person (was schon zu oft passierte) greifen die Argumente für die Todesstrafe nicht mehr. Und eine der Haftentschädigung entsprechende Todesentschädigung ist nicht mehr möglich.

vom 07.06.2005, 12.09
5. von Mary

Darüber reden wir gerade in Religion.
Wir haben den Film "Dead Man Walking" gesehen und daran dann pro und contra Argumente aufgestellt.
Und haben auch drüber diskutiert und hinterher mal nen Meinungsbild gemacht: dafür war keiner, dagegen die Hälfte und der rest hat sich enthalten/war sich nicht sicher.

vom 03.03.2005, 15.08
Antwort von Nickname:

Das scheint ja einmal ein guter Religionsunterricht zu sein, wie schön! All zu oft sind Religionslehrer demotiviert und lassen die Zeit sinnlos verstreichen. Dabei kann der Unterricht so wertvoll sein! Man muss sich nur von Dogmen nicht zu sehr einengen lassen.
4. von Renate

Liebe Tirilli,
vielen Dank für deine Gedankenanstöße. Es gibt so viele Themen, die man einfach auf die Seite stellt, weil man sich nicht damit beschäftigen will.
Vor ein paar Tagen hast du Frage gestellt "was veranlasst euch zu bloggen?". Ich denke, das ist einer der wichtigsten Gründe dafür: Die anderen an der eigenen Gedankenwelt teilhaben zu lassen.
Ich habe es ja noch nicht geschafft, ein eigenes Blog zu kreiieren, aber jedesmal, wenn ich bei dir am lesen bin, merke ich, was für ein wunderbares Medium das ist. Du schaffst es, sowohl nachdenkliche als auch frohe Momente in deinem Blog widerzuspiegeln - genauso, wie das Leben halt ist!
Liebe Grüße aus München und dir auch einen "kopf- und sonstwehlosen" Tag! :-)

vom 03.03.2005, 10.30
Antwort von Nickname:

Vielen Dank liebe Renate! Mir scheint, die anderen Gedankenwelten kann man im Internet offener annehmen als sonst. Weil man hier nicht von optischen Vorurteilen abgelenkt wird!

3. von Bärenmami

Guten Morgen, Tirilli!
In Frankreich ist die Todesstrafe erst Anfang der 80er Jahre abgeschafft worden. Ich habe dort die Diskussion um die Abschaffung noch hautnah miterlebt. Eines ser letzten vollstreckten Urteile betraf eine Indizienprozeß in dem der Verurteilte bis zum Schluß seine Unschuld beteuert hat. Leider hört man auch hier immer wieder Stimmen dafür, besonders, wenn die Medien mal wieder einen Fall hochgespielt haben. M.E. haben wir Menschen nicht das Recht über Leben und Tod zu urteilen. Allerdings haben wir die Pflicht, zB unsere Kinder zu schützen. Leben nehmen, nein, aber manche Leute dürfen wir auch nicht (zu früh und unkontrolliert) herumlaufen lassen.
Der Audruck "Recht auf Reue" gefällt mir sehr gut! Wir alle haben jeden Tag die Chance etwas dazuzulernen und besser zu machen, im Kleinen wie im Großen. Das darf niemandem genommen werden, weil es uns als Menschen ausmacht. Ob und wie wir das nun nutzen, ist die ureigene Entscheidung jedes Einzelnen vor seinem Gewissen.
Ich bin der festen Überzeugung, daß der beste Weg, ein "Gutes Großes" zu erreichen über die Verpflichtung des Einzelnen gegenüber seinem persönlichen "kleinen"Umfeld geht. Nicht mit lauten Worten "Gutes" verkünden, sondern es im Verborgenen leben. Motto "Kleinvieh macht auch Mist". :-)) Hier beziehe ich mich eher auf Lev Tolstoi, siehe gestern. Wir müssen aufpassen, uns nicht vom Bösen "einfangen" zu lassen und im Affekt auf gleicher Ebene zurückzuschlagen. Da hilft manchmal nur Rückzug..aber es ist kein Weglaufen.
Das Thema wird mir heute noch oft durch den Kopf gehen, danke für die Denkanstöße.
Liebe Grüße aus Ufr
Barbara

vom 03.03.2005, 07.37
Antwort von Nickname:

Danke, vielmals!


das mit Frankreich wusste ich gar nicht!


2. von CeKaDo

Wenn jemand meine Tochter vergewaltigen, foltern und töten würde, dann würde ich ihn töten und erst dann Ruhe finden, wenn diese Tat gerächt ist.

Kein Gegner der Todesstrafe denkt an die Opfer oder deren Angehörige. Niemand denkt dann auch an die Folterer und Vergewaltiger von staatlicher Seite in Ländern Afrikas und Asiens.

Mord, Folter und das Qäulen von Menschen ist immer unentschuldbar. Auch von staatlicher Seite sanktioniert. Das ist für mich keine Frage. Selbstjustiz ist ebenso letztlich kein Mittel, das erlaubt werden darf und ich würde auch die Konsequenzen tragen.

Doch es kann niemand mehr die Opfer fragen, welche Pein sie erfahren haben, als ihnen das Verbrechen angetan wurde. Es ist traurig, daß Kinderschänder und Kindermörder in anderen Ländern, die keine Todesstrafe zulassen, dann auch ohne jeglichen Gedanken an die Opfer und Hinterbliebenen, mit 8 Jahren Gefngnis davonkommen und hinterher wieder morden.

"Strafe ist eine soziale Reaktion auf eine asoziale Aktion."

So lautet die Legaldefinition, die Juristen und Polizisten lernen. Doch scheinbar werden langsam die asozialen Aktionen als nicht mehr so schlimm betrachtet. Auch wenn sie sich gegen das höchste Gut richten, daß wir haben: Das Leben und die Freiheit.

vom 03.03.2005, 07.37
Antwort von Nickname:

Lieber CeKaDo, ich respektiere deine Meinung. Und bin froh, dass du mir hilfst, das Thema mit neuer Facette weiter zu spinnen. Die Antwort rumort in meinem Kopf schon, ist aber noch nicht ganz fertig gedacht. Ich will sie dann nach oben stellen.
1. von Conny

Beeindruckende Worte, die sehr nachdenklich machen ....

vom 03.03.2005, 00.29