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Über eine Elternforderung

Gestern hatten wir Elternabend.
Wie erwartet kam mal wieder folgende Frage:

"Bringen Lehrer durch Krankenstand versäumte Stunden ein? Schließlich zahlen wir ja."

Ich habe schon oft auch erlebt, dass Eltern dies sogar wollten, wenn das Kind krank war!
Der Direktor konnte geschickt darlegen, dass ein Einbringen des Unterrichts nach einem Krankenstand schon wegen der Raumknappheit nicht möglich sei. Außerdem sei unsere Schule trotz starker Teuerung in diesem Jahr immer noch die billigste im Vergleich zu anderen Bundesländern. Die Eltern würden mit ihren Beiträgen nur ganze 15% der Gesamtkosten abdecken. Eine Kollegin wies dann noch darauf hin, dass die Schüler unzählige zusätzliche und unbezahlte Unterrichtsstunden bekämen, sei es bei Proben, in Ensembles, bei Schülerkonzerten und da seinen ja auch die kostenlosen Nebenfächer.

Nun aber mal grundsätzlich, wo gibt es Berufe, wo man Krankenstände einbringen muss? Ich weiß, es gibt das, die Akten von Richtern bleiben zum Beispiel teilweise liegen, aber grundsätzlich ist das wirklich ein anmaßendes Ansinnen. Ob der, der so etwas fragt in seinem Beruf auch einarbeitet?

Wir Musiker sind in diesem Zusammenhang gebrannte Kinder. Wie oft wird mit Selbstverständlichkeit erwartet, dass man zum Beispiel in Kirchen oder bei Gemeindefesten gratis zur Verfügung steht. Das gibt es in keinem anderen Beruf!

Nickname 02.10.2009, 22.31

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Kommentare zu diesem Beitrag

5. von Elena

Guten Morgen, liebe Tirilli!
Ja, ich liebe meinen Beruf, und zwar sehr!
Du schreibst von selbstverantwortlicher Arbeit: ja, genau: das ist schön, so gehört es, so sollte jede/r es sehen!
Und ich will niemandem etwas wegnehmen; bloß: es fehlt sehr vielen Menschen das Verständnis dafür, arbeiten zu müssen ohne sämtliche Annehmlichkeiten wie etwa des Abgesichertseins auch bei längerer Krankheit. Sie sind lieber wo "angestellt" als etwa FotogeschäftsinhaberInnen (da sind die guten Zeiten auch vorbei..).
Eines allerdings fällt mir schon auf: v.a. Beamte jammern liebend gerne, wie viel + schwer sie doch arbeiten müssten.. und wie ekelhaft die Chefin/der Chef doch sei. Sagt man zu ihnen aber dann, sie sollten doch diese offenbar so ungeliebte Tätigkeit aufgeben, also etwa selbständig werden: oh nein! Das ist diesen Personen dann doch zu viel an Risiko; also etwa keine geregelten Arbeitszeiten mehr, oder vierzehn Monatsgehälter.
Tja..

LG E.

vom 09.10.2009, 07.23
Antwort von Nickname:

Danke liebe Elena!
Nur noch dies, das da entdeckte ich gerade eben.
Jeder Beruf hat seine Vor- und Nachteile, manche aber haben es schlimmer. Immer wieder diese Großkonzerne. Die Kleinen, seien es selbstständige Kaufleute oder Beschäftigte sind in Wahrheit Marionetten der ganz Großen mit ihren Lobbyisten in der Politik.
Nun schließen wir ab, ja?
Liebe Grüße!

4. von Elena

Bittebitte zeige mir die vielen Vorteile, die Selbständige haben, bitte! Und keine Krankenkasse ersetzt den Verdienstentgang; den berappt für eine gewisse Zeit erst mal der ArbeitGEBER!!
Und natürlich besteht das Leben nicht nur aus Arbeit; aber interessant ist doch, daß unselbständige Arbeit recht schnell mit Ausbeutung und Ausnutzung durch die ach so bösen Unternehmer gleichgesetzt wird; oder Menschen, die gerne viel arbeiten (müssen), in die Nähe von Konsumgier gebracht werden. Nochmals: wenn ein/e Selbständige/r erkrankt, kann sie oder er selber schauen, wie`s weitergeht; natürlich, es gibt eine Versicherungsmöglichkeit, welche bei Betriebsausfällen einspringt; aber diese ist teuer (aber notwendig) und greift auch nur eine gewisse Zeit..
Und noch einmal zusammenfassend: es gibt Berufsgruppen, die kommen ums Einarbeiten versäumter Zeit nicht herum, basta; andere können "lässig" für etlich lange Zeit abwesend sein, folgenlos.

LG E.

vom 05.10.2009, 14.44
Antwort von Nickname:

Weißt du Elena, mein Vater war Arbeitgeber. Er hatte ein Fotogeschäft. Du kannst dir denken, dass ich dadurch recht viel darüber weiß.
Damals gab es noch die Tagsätze bei Krankheit in Österreich. Jetzt, wie ich inzwischen gehört habe, nicht mehr.

Wenn die Selbstständigkeit nur Nachteile bringen würde, warum träumten alle Angestellten meines Vaters davon, selbst selbstständig zu werden? Warum träumen überhaupt so viele Angestellte, Beamte und Arbeiter davon?

Die Angestellten meines Vaters hatten es wirklich nicht immer leicht...
Ich weiß von Zuständen in manchen Betrieben, da kann ein Selbstständiger sich nur die Hände reiben! Und da sind nicht die Extreme gemeint, von denen der Aufdecker Günter Wallraff berichtete.
Und doch bin ich der Meinung, dass Arbeitgeber in der Mehrzahl korrekt sind, manche bekamen bei uns in Ö. den Preis für einen besonders familienfreundlichen und sozialen Betrieb zum Beispiel.
Es gibt halt, wie in allen Berufen Gute und weniger Gute. Aber ein Teil der Arbeitnehmer ist ausgeliefert. Oder hat Angst, ausgeliefert zu sein. Und sie träumen von selbstverantwortlicher Arbeit, wie oben erwähnt...
Mein Vater verdiente fast das Doppelte wie ich, obwohl ich 7 Jahre studiert habe und meine Ausbildung als Musikerin schon in der Kindheit begann. Um nur einen der Vorteile - neben der Selbstbestimmtheit - zu nennen. Er konnte alles mal den Angestellten überlassen und verrreisen. Er konnte entscheiden, wie viel er wann arbeitet. Er durfte bestimmen, wurde aber auch von Steuerprüfern und von Papierkram gepiesakt. Jeder Beruf hat seine Vor- und Nachteile, das Aufwiegen sollte übrigens auch die Ausbildung beinhalten!

Aber im Grunde war es etwas ganz anderes, dass mich so reagieren ließ, wie ich es tat, nämlich sinngemäß dieses: "Ich muss, also sollen es andere auch." Das hieße doch im Klartext: Weil ich also leider dies muss, sollen es andere auch entsprechend, auch wenn sie es dann schlechter haben... Eine Reform nach unten? Ein Weitergeben eines Missstands? Das Aufbürden, weil man selbst Bürde trägt?

Ich höre das so oft! Hier in Österreich ist die Hochburg dafür. Es wird auf andere gezeigt: "Bitte, jene haben es besser! Das ist ungerecht!! Nehmt denen das weg!" Sie wollen den anderen das Bessere wegnehmen lassen, anstatt dafür zu kämpfen, dass ihre eigenen Belange besser werden. Das meine ich mit "nach unten ziehen"!

Liebe Elena, hier fehlte jetzt die Sprachmelodie. Stell dir bitte vor, dass ich ganz entpannt spreche, ohne Streit! Ich mag Diskussionen, es ist kein Anlass für Konflikt, o.k.? Jeder kommt aus seiner Umwelt und vertritt diese, mehr nicht! Aber bitte, ich will nicht am Wochenende in die Schule, nur weil du das anscheinend in deiner Arbeit leider anscheinend musst. Sag, liebst du deinen Beruf überhaupt?
Liebe Grüße!
3. von vonferdl

recht so, ohne geld keine musi!!


vom 03.10.2009, 20.01
2. von Elena

Es geht, liebe Tirilli, absolut nicht nur ums "Wollen": sei mal selbständig und eine Woche grippekrank. Na natürlich wirst Du alle liegengebliebenen Dinge einarbeiten - MÜSSEN! Weil sonst nix Geldverdienen...
Und bezüglich Berufsmusikern: sag(t) einfach nein; oder verhandelt vorher wasserdicht eine "Gage" aus - samt Verdienstentgang etwa bei Absage..
Auch ganz liebe Grüße E.

vom 03.10.2009, 18.25
Antwort von Nickname:

Ach ja, die Selbstständigen. Ich weiß. Aber nur die. Ein Nachteil, aber dafür haben sie viele andere Vorteile. Ist es denn in Deutschland nicht auch so wie bei uns, dass die Krankenkassen Verdienstentgang ersetzt?
Nu sag aber! Du denkst aber nicht etwa, weil Selbstständige einarbeiten müssen, sollen es Arbeitnehmer auch tun? Das wäre ja ein schlimmes nach unten regidieren der allgemeinen Lebensqualität. Menschen könnten noch mehr ausgenützt werden. Leben ist nicht nur Arbeit, wie es eben auch nicht nur Konsum ist. Das vergessen die Menschen nur allzu oft.
Liebe Grüße Frau Diskutantin! ;-)
1. von Elena

Anmaßend nennst Du das, wenn die Forderung nach Einarbeiten versäumter Stunden aufgestellt wird? Liebe Tirilli, was glaubst Du denn, wie das in der freien Wirtschaft funktioniert? Denkst Du, dort gäbe es Bezahlung für Nichtgeleistetes?
Und daß LehrerInnen ab und zu für die Gemeinde oder die Kiche(n) "gratis" zur Verfügung stehen sollen: nun, bei gut 13 Wochen Ferien pro Jahr kann doch schon mal die eine oder andere Stunde für Diesbezügliches für Verfügung gestellt werden, oder? ..V.a., wenn die Eltern nur, wie Du schreibst, ca 15% Eurer Gesamtkosten abdecken.. Woher kommt denn das restliche Geld? Richtig, von den Steuer- und Beitragszahlenden..

LG E.

vom 03.10.2009, 15.05
Antwort von Nickname:

Liebe Elena, es geht nicht um das Einarbeiten innerhalb der Arbeitszeit, sondern um Zusatzstunden in der Freizeit. Falls du in der Wirtschaft arbeitest und mal eine Woche wegen Grippe im Bett hättest bleiben müssen, würdest du dann diese Woche am Wochenende oder in der Urlaubszeit einarbeiten wollen? Nur darum geht es.
Wir arbeiten viel unbezahlt länger, so gut wie immer, wenn es durch Konzerttermine notwendig ist. Und zwar aus eigenem Antrieb. Nur, das sieht dann wieder keiner. Ich gehe täglich später aus der Schule als ich müsste. Sieht auch keiner.

Was das andere betrifft, da geht es doch nicht um Lehrer! Sondern um Berufsmusiker.
Ein Beispiel. Einmal wurde ich gebeten, ein Ensemble zu bilden und Renaissancemusik auf einer Burg zu spielen. Zum "Mittelalter-Essen" für irgendwelche VIPs. Gage: Nur ein Essen. Meine Begeisterung war mäßig, aber ich ließ mich überreden, dachte ich doch, es wäre halt ein Anlass, solche ein Programm zu erarbeiten und dann in petto zu haben. Der Putzfrau haben sie sicher mehr bezahlt...
Es gab dann 3 Proben, in verchiedenen Privathäusern, vorher hatte ich (damals noch händisch) stundenlang Noten umgeschrieben und auch täglich dafür geübt. Einen Tag vor der Veranstaltung kam die Absage. Einfach so, ohne Begründung. Sie wollen uns nun doch nicht, Schluß.
Herr Pfarrer darf uns ruhig manchmal haben, nur, die erwartungsmäßige Selbstverständlichkeit da immer, das geht mir auf den Keks! Und so denken alle Berufsmusiker. Anscheinend meinen viele Leute, unsere Arbeit sei für uns eh nur Spaß und Vergnügen...
Liebe Grüße!