Ausgewählter Beitrag
Noch einmal Döbriach...
Heute war im Fernsehen ein kurzer Beitrag über die unmenschlichen Vorkommnisse in Döbriach am Millstättersee.
Zunächst war ich geneigt, ein wenig versöhnt zu sein, denn es wurde berichtet, wie es zu dem hohen Stimmenanteil gegen die Flüchtlinge kommen konnte. Der Initiator, Gemeinderat und Campingplatz-Besitzer Dieter Bur.gstaller (Haider-Partei BZÖ) schürte Ängste in dem er kolportierte, es würden noch mehrere hundert Flüchtlinge in das Dorf gebracht werden. Davon war nie die Rede, hört man von den Verantwortlichen. Da kann man sich auch gleich seinen Reim auf folgende weitere Äußerungen des Haidervasallen machen: Sie würden "Fahrräder stehlen", die Asylanten, Einheimische mit dem "Kehledurchschneiden bedrohen" und ihm "in die Rezeption spucken".
Mir war schon fast schlecht als ich das las, es kam aber noch dicker: "Aber wenigstens habe man bei den Frauen das Tragen von Kopftüchern und langen Kitteln eindämmen können." !!!!!!!!!
Ich schäme mich zutiefst.
Der Ruf der Kärntner ist schon belastet genug und nun das. Ich kann aber nur sagen und bitte glaubt mir: Es sind diese Leute eben die lautesten. Ich kenne fast nur freundliche und wohlmeinende Landsleute, bewegt von modernen kulturellen Gedanken wie überall in Mitteleuropa und keineswegs häufiger der bösen Vergangenheit nachtrauernd als anderswo!
Der zuständige Bürgermeister der Stadt Radenthein sagte dann in diesem Sinne: Die paar Flüchtlinge könnten bei den 40.000 Buchungen im Jahr ja wirklich kein größere Problem darstellen. (Anm.: In 3 Quartieren in der Umgebung leben insgesamt 50 heimatlose Menschen. Neben den 36 jetzt vertriebenen werden auch die restlichen wegen der Unterschriftenaktion demnächst verschwinden müssen.) Der Bürgermeister verurteilt die Vorkommnisse.
Zwei ältere Damen des Dorfes bekundeten in der oben erwähnten Sendung ihr Mitleid mir den Flüchtlingen. "Einfache" Frauen anscheinend, von der Art die mir lieb ist, mit dem Herzen am rechten Fleck. Ich hätte sie umarmen können. Sie sagten mitleidsvoll sinngemäß: "schließlich hätten die Kinder (Anm.: die Hälfte der Betroffenen) sich gut eingelebt und würden nun herausgerissen von allem." - Manche sind schon zwei Jahre da.
Andere Interviewte sprachen aber von unangenehm herumstehenden Menschen (sie dürfen ja nicht arbeiten) und wie schaue denn das aus, oder: das sei doch kein Zustand, ein unmögliches Ortsbild. "Sauberes Ortsbild"... dieses Wort fiel auch.
Ich verstehe unter Sauberkeit etwas anderes. Für mich stinkt es dort gewaltig.
Die Interviewten die für die Vertreibung der Flüchtlinge gestimmt hatten betonten vor laufender Kamera dann noch überflüssigerweise, dass sie doch bittesehr aber gar nichts gegen die Flüchtlinge hätten, nichts, nicht das geringste....
In der anerkannten und üblicherweise nicht reißerischen österreichischen Zeitung "Der Standard" kann man über den ganzen Skandal nachlesen. Aber Achtung, eventuelles Unwohlsein nach dem Lesen könnte die Gesundheit beeinträchtigen.
Liebe Tirillie,
ich kann mich den anderen nur anschließen. Gerade durch deinen Beitrag tust du kund, dass es auch Andersdenkende gibt. Die Mehrheit denkt doch wie du, aber nur wenige haben den Mut, dies öffentlich kund zu tun.
Allein dass das Mut erfordert, ist beschämend genug.
Danke für deine Offenheit.
*umarm*, Sunny
vom 01.06.2005, 08.55