beruflich
Genau zehn Stunden lang war ich gestern Prüferin oder Beisitzer. Es ging
um Harfinisten, Hackbrettspielerinnen und Gitarristen. Bei ersteren
konnte ich dasitzen und genießen, sogar als Prüferin. Auch bewundern, was sie sich alles neben der Schulpflicht voll Enthusiasmus erarbeitet haben!
Gegenüber das Fenster
und das Gerichtsgebäude. Mit Blick auf dieses dachte ich mal kurz
daran, was für einen schönen Beruf wir doch haben. Hier das Schöne,
Positive, sehr tüchtige junge Leute die engagiert wunderschön musizieren. Dort, hinter diesen Mauern das Hässliche, Negative, der
Vollzug bei Menschen, berechtigte Gewaltmaßnahmen.
Dann mit sowas sein Leben verbringen... puh!
Bei
den Gitarristen konnte ich dann aber nicht einfach so da sitzen und
genießen. Wenn man vom Fach ist, ist man dafür verdorben. Außerdem,
zwischen Kollegen ist es im künstlerischen Bereich niemals einfach. Wenn
zum Beispiel eine um jeden Preis ihre Schüler hoch bewertet haben will.
Egal, wie sie spielten. Wie sagt man ihr das dann ohne zu kränken?
Indem man es bei den eigenen Schülern vormacht, indem man sagt, nein,
das ist jetzt bei meiner nicht perfekt genug gewesen für eine
Auszeichnung? Vermutlich nicht, merkte ich. Sie meinte einmal: "Wenn da meine beste Schülerin nicht vor der jetzigen gespielt hätte, würdest du es weniger kritisch sehen." Ich war zu platt um der beruflichen Anfängerin etwas zu antworten. "Nein, das sind 35 Jahre Erfahrung mit unzähligen Vergleichen", hätte ich antworten müssen. Mir kam das natürlich erst viel später, auch, wie unverschämt das meine fachliche Kompetenz in Zweifel stellte. Hätte ich antworten sollen: Ich bin einfach schon aus dem Alter des überschießenden Ehrgeizes herausgewachsen? Aber ich blieb stets höflich, weil ich harmoniesüchtig bin, will nie verletzend sein und das weiß sie und es macht sie stärker.
Wieder erlebte ich,
dass ich um des guten Klimas Willen Komplimente an sie, bzw. ihre
Schüler austeilte wo es berechtigt war, sie aber mir gegenüber mit lächelndem Pokerface
eisern schwieg, ganz im Gebaren einer Königin. Sie ist um einiges jünger, neu in der Schule und das war unsere
erste derartige Situation.
Gut, dass die Komission aus noch einem Lehrer und dem Direktor bestand. So konnte sich bei Debatten wenigstens ein bisschen etwas ausgleichen.
Es gibt Menschen, die saugen einen unbewusst aus. Und das klappt immer, man ist dem stets ausgeliefert.