Ich ließ meinen Engel lange nicht los,
und er verarmte mir in den Armen
und wurde klein, und ich wurde groß:
und auf einmal war ich das Erbarmen,
und er eine zitternde Bitte bloß.
Da hab ich ihm seine Himmel gegeben, –
und er ließ mir das Nahe, daraus er entschwand;
er lernte das Schweben, ich lernte das Leben,
und wir haben langsam einander erkannt...
Rainer Maria Rilke
Hier paßt ja (mal wieder) einfach alles zusammen.
Was wir zu festhalten, was wir zu sehr an uns pressen wollen, um ihm nah zu sein, verliert seine Größe. Wird auf unseren Erfahrungsbereich beschränkt.
Manches erkennen wir besser aus der Distanz.
@Regina
Mein bescheidener Gedanken zu diesem großartigen Gedicht.
Man könnte es allerdings auch etwas weniger großzügig interpretieren - bei Rilke klaffen Kunst und Leben ja sehr auseinander. Er hat sich durchaus gern „aus der Affäre“ gezogen, wenn es zu eng/ die Verantwortung zu groß wurde. Das würde hier aber die Einheit zwischen Bild und Gedicht zerstören.
Außerdem habe ich gerade meine rosarote Brille auf.
vom 28.10.2021, 19.36
Danke Bärenmami! Ich war nicht viel da und sah dann das und freute mich.