Ausgewählter Beitrag
Musikpädagogisches
Musiklehrer stecken immer in einer Zwickmühle.
Sie haben den Auftrag, das Können ihrer Schüler stets zu verbessern und zu zeigen was noch fehlt. Dadurch erfährt aber der Schüler, teilweise auch unbewusst, dass seine Leistung nie genügt.
Immer und überall kann man beobachten, dass Menschen die sich ihre Kenntnisse am Instrument selbst erworben haben viel freier damit umgehen. Sie spielen in Gesellschaft, ja sie schleppen ihr geliebtes Instrument wo sie nur können mit sich herum. Und das obwohl sie viel weniger können als unsere Musikschüler.
Die dagegen ziehen die Schultern hoch wenn jemand sie bittet etwas vorzuspielen, sie kneifen wo nur möglich.
Auch mir selbst ist es immer so ergangen und geht es noch so, erst recht meinen Schülern. Da kann ich loben so viel ich will, sie über die oben beschriebenen Tatsachen aufklären, es hilft alles nur wenig.
Heute stellte ich im Musikkundeunterricht die angekündigte Aufgabe, den Kanon "Bruder Jakob" in Dur und dann nach Moll gewandelt teilweise nach Gehör vorzuspielen. Natürlich wie immer mit dem Hinweis, dass Fehler doch gar nicht schlimm seien. Trotzdem hatte ein Drittel eine Ausrede oder das Instrument gar mitgenommen.
Schüler die es konnten oder zumindest versuchten wurden mit Bravo bedacht und gelobt. Aber plötzlich hatte ich das Gefühl, dass ich zu viel lobe. Sie glauben mir nicht. Was geht in ihren Köpfen vor? Ich habe nicht geschauspielert, es kam von Herzen! Obwohl, das muss ich zugeben, irgendwie will ich sie nach Lob süchtig machen um etwas zu erreichen. Auch eine Methode.... Ob sie das etwa durchschauen?
Irgendetwas stimmt nicht. Ich weiß schon, das Ziel sollte nicht sein, wegen des Lobes gerne zu spielen sondern das Musizieren an sich soll Freude machen. Im besten Fall ist es die schönste und tiefste aller Meditationen!
Seltsam, sogar Menschen die nie ein Instrument in der Hand gehabt haben erahnen das oft.
Könnt ihr mit von außen irgendwie weiterhelfen? Oft kommen die besten Tipps von Leuten die nicht mitten im Betrieb stecken!
Übrigens, "Bruder Jakob" in Moll (mit leichten Abwandlungen) ist Thema eines langsamen Satzes einer Symphonie. Welcher? (Typische Lehrerfrage, hm??) ;-))
Nachtrag1:
Ich meine nicht die Spielfreude für sich, sondern diese Scheu vor jemandem zu spielen und sei es nur im Freundeskreis.
Nachtrag2:
Christina schrieb mir:
Die Angst, anderen sein eigenes Können vorzuführen, ist mir durchaus bekannt, sowohl von mir selbst als auch von meinen Schülern. Meine Überlegungen gehen dahin, dass recht viele Bilder aus der Schulzeit in uns stecken. Zum Beispiel Versagensängste an der Tafel vor dem ach so klugen Lehrer und der Meute der Mitschüler. Die Furcht vor Steckenbleiben in einem Gedicht oder Musikstück und eine damit verbundene vermeintliche Blamage. Wer von uns hat schon gelernt, dass auch Kritik durchaus etwas Positives sein kann – so sie nicht das Selbstbewusstsein angreift, sondern ermunternd wirkt. Sich selbst nach außen darzustellen muss geübt werden. Ich kann mich noch gut daran erinnern, welche Überwindung es mich gekostet hat, als Neuling mit meinen Mitschülern im Park vor den Augen der Spaziergänger so was ( damals) exotisches wie Tai-Chi zu üben. Welche Herzklopfen hatte ich, als ich das erste Mal vor einer eigenen Gruppe stand. Heute nach vielem Üben -geht es im großen ganzen ohne jede Probleme, es sei denn die Auftritte sind vor großem Publikum, was dann jedoch dem ganz normalen Lampenfieber entspricht.-Vielleicht müssten wir verstärkt lernen und lehren, unsere eigenen Dinge durchzuziehen – unabhängig davon, was unser Gegenüber davon hält oder denkt. Letztlich doch wieder: Stärken des Selbstvertrauens und damit Verbunden das Wissen und der Mut, dass auch etwas schief gehen darf. Das muss aber schon an ganz anderer Stelle anfangen. Wenn die Kinder oder Jugendlichen ( auch Erwachsene) zu uns kommen , ist es eigentlich schon zu spät und wir können dann nur noch Schadensbegrenzung in einem schmalen Rahmen durchführen.
Hallo Tirilli,
möchte Dir mal meine Beobachtungen als "Wildwuchs-Musikerin" erzählen, die als Kind schon mal einige Monate Musikunterricht mit Blockflöte hatte
Lernte dann Jahre später alleine etwa ein zwei Dutzend Stücke auf Tinwhistle, Harfe und Concertina... und spielte gerne und vor andren... (meistens blieben diese auch...)
allerdings habe ich Mutter und Bruder, die Klavier und Gitarre studierten. Bruder wurde Gitarrenlehrer und komponiert etc. Diese beiden Instrumente waren die einzigen die mich nicht zum Spielen ernsthaft reizten... überlegte öfter warum... (ich beobachtete beide mein ganzes Leben biem Studieren und Üben.)
Ich glaube, das Vorspielen erinnert zu sehr an eine "Testsituation" wo man begutachtet wird, das lernt man ja, wenn man korrigiert wird etc, es hängt aber wirklich auch mit den individuellen Personen ab , hat gar nix mit schlechten Lehrern und unwilligen Schülern zu tun...
Und ein Gefühl für echtes Lob oder eines das nur gegeben wird " damit man weiter macht" haben die Kinder schon, sie hören sich ja und können vergleichen. Auch wenn dies unbewußt geschieht. Ich kenn das Gefühl gut das "spiel mal was!"... *vorgeführtwerd* -isssenichsüß?- wut
sogar die Fehler werden gelobt (schlimmer :drüber amüsiert) und dann denkt man das stimmt alles nicht zusammen.. :(
Das kann reichen, wenn sowas nur einmal passiert oder sogar wenn man eigentlich gut gespielt hat aber übertriebenes Lob kommt. Es hat wohl auch mit dem Wiederholen von dem was andere für gut finden zu tun? Beim "Wildwuchsspielen" ist das , was man selber entscheidet richtig. Es ist ganz seines, wie auch beim Improvisieren... was ja viele "Gelernte" nicht (mehr?) können aber die nicht-klassisch -gelernten eher. Man selber entscheidet seinen Maßstab und das hat irgendwie meines Erachtens nach damit zu tun. Keine "Erfüllung für andere", auch wenns irgendwie schon Spaß macht.
Hoffe meine Gedanken sind nicht zu kraus für Dich und gben Dir etwas mehr zum "Rausfinden" über dieses Thema, (ist für mich auch wichtig, mein Mann unterrichtet Fiddle.. nu ganz neu.)
Herziche Grüße ausm Norden!!
Monika
vom 18.01.2006, 19.30