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Blickwinkel einer Serbin

Die Frau die ich heute traf stammt aus Serbien. Nett ist sie, hilfsbereit und sehr sympathisch. Sie lebt schon 15 Jahre in Östereich. Wir unterhielten uns noch nicht lange, da kam sie auf den Yugoslawien-Krieg zu sprechen (1991 - 1995, 1994 begann der militärische Einsatz der NATO) vermengte ihn mit dem Kosovokonflikt 1999, in dessen Folge der Bombenangriff auf Belgrad geschah. Damals waren es Flugzeuge der "Nordatlantischen Alianz" die von Norditalien aus starteten um ihre grausame Fracht auf Brücken, Kasernen und Fabriken zu werfen, entsetzlicherweise aber auch Wohnhäuser und ein Krankenhaus trafen.
Diese Frau stammt aber von östlich der Donau, der Krieg hatte die Ihren nicht betroffen, wie sie erzählte. Sie und ihr Mann lebten ja außerdem schon in Österreich.

Warum ich das alles erzähle? Weil ich von den Ansichten dieser Frau zutiefst erstaunt und betroffen bin.

Sie behauptete:

 Die Amerikaner hätten den Krieg begonnen und seien Schuld an allem.
 Sie hätten mit ihren Bomben auch "Uranium", wie sie es nannte, auf die Menschen geworfen und Frauen und Kinder nicht verschont.
 Slobodan Miloševic sei der beste Präsident gewesen. (wortwörtlich)

So sprach sie, trotz aller anderslautenden Berichte in unseren Medien und trotz aller von ihm mitzuverantwortenden Greueltaten.

Ich war beklommen.

Auch wenn Berichterstattung noch so objektiv ist, sie scheint hoffnungslos wenig gehört zu werden, wenn nationale Gefühle im Spiel sind. Womit ich nicht behaupten will, dass unsere ORF-Berichterstatter immer so hundertprozentig objektiv wären. Aber ich denke, sie versuchen es. Unwissentlich könnten sie natürlich damals da und dort einseitig berichtet haben. Weil Menschen ja nur schwer ihre eigenen Ansichten und Erfahrungen ganz ausklammern können. Wir hatten aber immerhin so ausgezichnete Leute wie den Auslandskorrespondeten Dr. Friedrich Orter.

Zurück zu meinem Gespräch mit der Serbin. Sie wird wohl damals wenig zugehört haben, vermutlich gab es Sprachprobleme. Aber vor ein paar Jahren konnte man eine mehrteilige und ausführliche Dokumentation über die Vorgänge in diesem Krieg sehen. Bis dahin geheimes Filmmaterial zeigte neue Aspekte und einiges über die geheimen Verhandlungen zwischen Serbien und Kroatien in den ersten Kriegstagen. Ich erinnere mich, alle mir bekannten Flüchtlinge aus der Region klebten damals vor den Bildschirmen. 

Ich wollte heute nicht politisieren. Sagte nur umständlich, nach meinem Denken seien Kriege immer nur möglich, weil man den Menschen verallgemeinere.

Dazu schwieg sie nur.

Ich muss umlernen. Politische Meinungen die sich gegen schlimme Geschehen nicht abgrenzen, müssen nicht notgedrungen von menschenverachtenden Personen vertreten werden. Es sind auch nicht nur Gedankenlosigkeiten halb Informierter. Es sind oft Menschen, die einfach nur die Augen vor dem verschließen, was nicht sein darf....

Während meiner Recherche für diesen Beitrag stieß ich übrigens auch auf dies:

Über Love Storys von Kriegsberichterstattern in Zusammenhang mit ihrer Arbeit.

Nickname 27.08.2005, 19.32

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