Ausgewählter Beitrag

Hermann Hesse

Die amerikanische Freundin erzählte mir von der Hochzeitszeremonie ihrer Tochter. Sie hätten sich gegenseitig neben eigenen Texten auch dies und das aus der Literatur vorgelesen. Unter anderem die letzten zwei Seiten von Hermann Hesses Siddharta.
Neugierig wie ich bin, kramte ich gleich das Buch heraus und las diese zwei Seiten. Und dann ein paar erste Seiten auch.

"Oh mein Gott!" dachte ich, "ist das schwulstig!" Und: "Kann man das überhaupt noch lesen wenn man alt ist?" Diese Gedanken muss ich in nächster Zeit aktiv hinterfragen.

Als ich achtzehn war las ich dieses Buch in einer einzigen Nacht und die Begeisterung war überbordend. Es folgten sämtliche anderen Romane von Hesse. Eines begeisterte mich mehr als das andere. Aber Siddharta blieb Favorit.
Dieses berühmteste seiner Werke wurde damals bei belesenen jungen Leuten zum Kultbuch! 

Mit meiner Zimmerkollegin im Studentenheim lasen wir uns jeden Abend vor dem Einschlafen ein Zitat aus Hesses Werken vor und kommunizierten ein wenig darüber. Ich hatte da eine tolle Sammlung. Das Buch ist leider verloren, zu schade!

Vor ein paar Jahren kaufte ich mir eine gebundene Jubiläumsausgabe des Gesamtwerkes von Hesse. Die alten Taschenbücher waren ja schon vergilbt und zerfleddert. Aber ich merkte gleich, dass es mich nicht mehr so begeistert wie früher und legte gleich das erste Buch zurück. 
Wo ist meine Leidenschaft für Hesses Ideale hin? Aber was verloren ist muss ja nicht verloren bleiben. Ob ich mich erst wieder einlesen muss? Ob die Begeisterung der Jugend mit Unerfahrenheit und Naivität zu tun hat? 

Hermann Hesse gilt allerdings als großer Dichter! Also ran an die Klamotten! 

Und was sagt ihr?

Nickname 28.02.2024, 18.02

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Kommentare zu diesem Beitrag

5. von Eva W.

mir geht's ganz genau so wie Dir, früher habe ich Hesse verschlungen, sogar das Glasperlenspiel ... allerdings sind die 'Stufen' immer noch mein Lieblingsgedicht ... wohl denn nimm Abschied und gesunde ....

vom 17.03.2024, 09.23
4. von Regina

Spät aber doch noch ein paar Gedanken von mir.
Gedichte haben einen bestimmten Rhythmus und ich glaube zu denen hat man einen anderen Bezug – überhaupt wenn man das eine oder andere sogar einmal auswendig gelernt hat. Dann bleiben Gedichte wohl tatsächlich „zeitlos“, während Texte von Geschichten doch auch „mit der Mode gehen“. Bei einer lebenden Sprache ändert sich sowohl der Ausdruck, als auch das Empfinden des Lesenden im Laufe der Jahre, sodass es durchaus verständlich wäre, wenn ein früher sehr gut gefallener Text dem Reifungsprozess des Lesers nicht mehr so ganz standhalten kann? :nachdenk:

vom 07.03.2024, 19.45
3. von Bärenmami

Es geht in Kurven aufwärts. Aber die guten Tage werden häufiger. Mir ist übrigens sofort nach dem Abschicken eingefallen, daß es heißen muß "seltsam im Nebel zu wandern". Das einsam kommt erst in der zweiten Zeile.
Ein zweites Gedicht, das mich nie verlassen hat ist "der Ararat" von Stefan Andres.
Ich stelle fest, daß Gedichte eher ihren Platz auf meiner Rangliste halten als Texte. Sind Gedichte zeitloser?

vom 29.02.2024, 20.37
2. von Rona


Ja, geht mir auch so.
Hesse habe ich vor 40 Jahren verschlungen. Narziss und Goldmund versuchte ich letzthin wieder und stellte das Buch nach den ersten Seiten in eine Bücherzelle

Ähnlich geht es mir mit der 'feministischen Literatur'.
Wie z.B. Alice Schwarzer (Der kleine Unterschied).
Heute für mich unvorstellbar, dass ich mich daran orientierte.

War die Zeit anders?
Hat sich soviel geändert?
Oder ich mich?

Danke, Tirilli, dass dies zum Thema machtest!



vom 28.02.2024, 21.11
Antwort von Nickname:

Oh, dir geht es also auch so. Ich will es mit Siddartha aber nochmal versuchen. Tja, wir sind reifer und lebenserfahrener. Aber mich interessiert zu erforschen was ich verloren habe. Danke für deinen Besuch, Rona! 
1. von Bärenmami

Nach wie vor eins meiner Lieblingsgedichte: Einsam im Nebel zu wandern.
(ob man mehr als den Titel zitieren darf, weiß ich nicht).
Hier steht einiges von ihm und auch ich hatte die Hesse-Phase recht früh in meiner Jugend und über einen langen Zeitraum. Gute Idee, mal wieder hineinzuschauen und die Gedanken mit denen von früher zu vergleichen.
Danke für die Anregung!
Daß wir heute anders denken und fühlen, mit mehr Abstand, ist wohl ganz normal. Schließlich haben wie einiges an Lebenserfahrung gesammelt.


vom 28.02.2024, 19.49
Antwort von Nickname:

Ja, Bärenmami, Hesses Erben sind sehr strikt, hörte ich mal. Ich kenne das Gedicht, habe es aber schon ewig nicht mehr gelesen, muss ich gleich mal wieder tun! Viel tiefe Erinnerung beim neuerlichen Stöbern! Aber vorher erzähl mal, wie es dir inzwischen geht! ((((Bärenmami))))