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Klänge aus dem falschen Paradies

Es war einmal eine kleine Provinzhauptstadt. Dort gab es friedliche Menschen und viel Interessantes auf das man stolz sein konnte. Man besuchte das aufstrebende Theater, es gab engagierte Kulturinitiativen und auch so einige Konzerte ließen die Städter das Flair der großen weiten Welt erahnen.

Eines Tages aber saß der neue Führer wieder einmal mit seinen Bewunderern in einem Bierzelt zusammen und hatte er eine Vision. Oder war es auf der Bühne vor dem anbetendem Volk? Vielleicht auch in dem Moment als seine Akklamateure ihm wieder einmal einen Adrenalinstoss nach dem anderen versetzten? Egal die Vision war da.
Etwas gab ihm ein, mehr für die Volkskultur tun zu müssen. Alsbald hätte man Heimatvereine, Volkstanzgruppen und Heimatmuseen in Goldmarie umbenennen können, so gesegnet flogen ihnen die glänzenden Euronen in den lederbehosten Schoß. Aber die bösen Kulturinitiativen mit ihren fürchtenswert denkenden Anhängern durften nur noch mit Brosamen vorlieb nehmen, sie hungerten und konnten bald nur noch mit Handtüchern werfen.

Als dies nun alles gelungen war kam der größte aller Führer auf die glorreiche Idee, am See eine schwimmende Bühne für das liebe Volk zu bauen. Schnell war ein Koloss mit dem Charme eines schwarz getünchten Sarkophargs in die schöne Bucht gestellt, es verdeckte von nun an erfolgreich den ungesund freien Blick auf eine viel zu schöne Landschaft.
Glücklich durfte das Volk nun aufstrebenden Möchtegernsternchen und zweitklassigen Musicals lauschen, auch wenn man von Gottes freier Natur nicht wirklich etwas sah, es war eine einzige Wonne. Außer es regnete, aber das tat es leider ach so oft!
Für solche Unterhaltungen wurden natürlich Persönlichkeiten gebraucht um sämtliche Rädchen zum Rollen zu bringen! Ein Politiker, der Geschäftsführer und ein Beinahe-Intendant spielten virtuos auf der neu erfundenen Mauschelorgel. Sie bearbeiteten die Klaviatur so fleißig, dass sich die Tasten bogen und harmonierten dabei prächtig.

Eintracht, unter diesem hehren Zeichen stand ihre Arbeit. Und damit das auch länger so weiter gehen konnte setzten sie sich zusamen, murmelten und entwarfen ein wunderbares Schriftstück. Dort konnte man lesen: "Es wird gegenseitiges Stillschweigen über diese Vereinbarung vereinbart." Und "Es wird vereinbart, dass bei öffentlichen Erklärungen die gegenseitige Arbeit positiv dargestellt wird" Toll nicht? So viel Harmonie im Lande des großen Führers! Der schönste Satz aber kommt nun: "Weiters wird für die Beendigung des Intendantenvertrages festgehalten, dass Herrn XXX in Zukunft kein Vorwurf gemacht wird." Ein Schweigegelübde! Da konnte nun fröhlich für das Volk gearbeitet werden wie man gerade wollte, es lebe unsere kleine Provinzhauptstadt und ihre Führer!

Ach ja, der verehrte Beinahe-Intendant bekam dann für seinen vorzeitigen Abgang natürlich die vereinbarten 150.000 Euro versenkt. Nein, nicht unter die Bühne in das von ihr verdunkelte Wörther See-Wasser, in sein Säckel kam das Geld. Warum auch sollen nur die netten Volksvereine von des Landes Überschuss profitieren, nicht wahr?

Blöd nur dass nun neuerdings ein böser Untersuchungsausschuss herumschnüffelt, das passt so gar nicht in die vorbildliche Harmonie unseres geliebten Städtchens und wird unser aller Führer sicher heimlich ergrimmen.

Nickname 16.03.2006, 10.58

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