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Kurt Waldheim ist gestorben

Obwohl ich politisch im gegnerischen Lager bin und keine Sympathie für Kurt Waldheim hatte, wurde mir damals während der Waldheim-Affäre die Menschenhatz allmählich doch zu viel. Zu sehr standen politische Motive hinter dem an sich berechtigten Aufschrei.

"Ich habe im Krieg nichts anderes getan als hunderttausende Österreicher auch, nämlich meine Pflicht als Soldat erfüllt." hatte er damals formuliert. Nachdem man Lücken und Unwahrheiten in seiner Biographie aufgedeckt hatte.

Ich will jetzt nicht auf die Affäre selbst eingehen, im Netz ist schon genug darüber zu finden.

Bemerkenswert finde ich, dass man hier beobachten konnte, wie sogar ein professioneller Politiker mit Erfahrung sich schwer getan hatte, diplomatisch zu agieren, als es unter anderem um seine eigenen Emotionen ging. Er zementierte seine Verteidigungsstellung anstatt zu sagen:

Jawohl, ich war als junger Mensch in die Irre gegangen. Genau deswegen bin ich Politiker geworden, um daran zu arbeiten, die schlimme Geschichte nie mehr wiederkehren zu lassen.

Aber er schaffte das nicht. War nicht fähig, so zu sprechen, weil es vermutlich gar nicht so gewesen ist.
Wir sind ja gewohnt, Politiker immer wieder bei einer Unwahrheit zu erwischen. Waldheim gelang das nicht, er reagierte ehrlich. Und verriet dadurch, wie unaufgearbeitet sein Handeln während des Weltkriegs noch immer gewesen sein dürfte.
Egal, wie viel an den Vorwürfen wahr war, er zeigte sich im Moment seiner Krise von einer Seite, die politisch untragbar war. Er hatte im Krieg Schlimmes beobachtet und nur zugesehen obwohl er kein kleiner Soldat war, fühlte sich aber unschuldig.

"Solange nicht erwiesen ist, dass er eigenhändig sechs Juden erwürgt hat, gibt es kein Problem" meinte damals der Parteigenosse Michael Graff worauf sein Rücktritt fällig wurde. Waldheims Strategie aber nur: "Jetzt erst recht"

Ich werfe Waldheim sein Verhalten während der Krise vor, über die Vergangenheit steht mir nicht zu, zu urteilen. Weil ich als Nachgeborene nicht wirklich beurteilen kann, wie es damals den Menschen ging und unter welchen Zwängen sie standen.

Falls er doch nur Mitläufer war, bleibt trotzdem die Tatsache, mutig war er nicht. Nicht damals im Krieg um Leid zu verhindern und nicht während der Affäre 1986 wo er Fehler hätte eingestehen müssen.

Nickname 14.06.2007, 22.40

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Inge aus HH

Liebe Tirilli,
das ist vollkommen in Ordnung, dass wir alle politisch unterschiedlich denken. Jede Beleuchtung kann vom Betrachter richtig sein. Mein Lieblings-Politiker in Deutschland ist z. B. der Altkanzler Helmut Schmidt und trotzdem gibt es auch bei den anderen deutschen Parteien kluge Köpfe, die ich mag. Ich finde nur, es ist hart, wenn man immer nur bestimmte Passagen aus einem Leben beleuchtet. Seehofer bei uns macht jetzt auch Schlagzeilen, ist bei der CSU und ich mag ihn trotzdem. Oder der linke Oskar Lafontaine. Entgegengesetzt zwar, aber für mich ok. Das ist doch Demokratie oder?
Liebe Grüße von mir! ;)

vom 15.06.2007, 12.14