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Einträge vom: 15.06.2017

Eine Hürde genommen!

Nun hatte ich also mein letztes Schülerkonzert. Und eventuell auch meinen letzten eigenen Auftritt. Die Anspannung war groß. Hatte ich doch neben den Solisten auch ein Gitarreorchester auf der Bühne und dazu zwei große Ensembles mit jüngeren Schülern. 

Vorweg gesagt, gut ist es gegangen.

Ich hatte einige Egoismen auszuhalten. So bekam ich zum Beispiel kurz vor der Generalprobe eine SMS. "Wir haben uns kurzfristig entschlossen, zu verreisen, ich möchte meine Tochter entschuldigen." Ich war total entsetzt, dieses Mädel sollte einerseits Solo auftreten, wir hatten monatelang darauf hingearbeitet! Aber schlimmer noch, sie hatte im Orchester ganz alleine die Basspartie auf der Bassgitarre zu spielen und nun fehlte diese immens wichtige Stimme. Ich verdonnerte eine andere Schülerin dazu, denn auf ihren Part war etwas leichter zu verzichten. Und die wehrte sich natürlich, ich musste Überzeugungsarbeit leisten und sogar darum betteln. "Wollt ihr, dass ich den Bass übernehme, oder wollt ihr lieber, dass ich dirigiere?" fragte ich. Sie wünschten sich fast einstimmig das Dirigat.
Solch eine Absage eines Team-Mitglieds (!) im letzten Moment ist unter Musikern ein absolutes Tabu. Mehr noch, für uns ist das eine Todsünde... Die Mutter müsste das wissen, sie ist selbst Schülerin bei uns.

Tja.

Die zweite Geschichte. Das Publikum saß schon, es war auf den Punkt Beginnzeit. Ich stand an der Bühnentür, hinter mir ein Rattenschwanz von Volksschülern, schon so aufgestellt, wie sie dann auftreten sollen. Da stand plötzlich eine Mutter mit Baby im Arm vor mir. Sie wolle mich sprechen. Verdattert zeigte ich auf das Publikum und auf die Uhr, "das geht jetzt nicht." Aber sie ignorierte und redete schon los. Sie wolle sich den nächsten Lehrer aussuchen, ich solle ihr dabei helfen und so weiter. Ihre Tochter aber stand auch in der Reihe für den Auftritt! Es war dann nicht leicht, diese Mutter abzuwimmeln.
Ja wie gibt`s denn sowas? Da verstehe man solche Leute! Vielleicht weil sie Oberärztin ist und daran gewöhnt, dass alle parieren? Jedenfalls kriegen solche Leute augenscheinlich gar nichts mit!

Ich war so sehr angespannt, dass kein Platz für störendes Lampenfieber blieb. Und so gelang mir bei meinem Auftritt alles. Ich begleitete eine Blockflötistin in einem konzertanten zeitgenössischen Stück. Sehr diffizil, in der rechten Hand hatte ich zwei Rhythmen und in der linken zwei Tonarten zugleich zu bewältigen.

Und dann kam zum Abschluss das Orchesterstück. Welch Überraschung, frenetischer Applaus und Bravorufe! Damit hatte ich nicht gerechnet!

Nun musste ich die Schlußrede halten. "So," sagte ich, "das war ungefähr das achzigste Schülerkonzert in meiner Berufslaufbahn und zugleich mein letztes." Hach Leute, was dann passiert ist! Es hat mir viele negative und krankmachende Vorfälle in diesem Schuljahr aus dem Kopf gewischt. Nicht enden wollender Applaus! Von Eltern und Schülern. Irgendwann musste ich ihnen abwinken, sont hätten sie immer noch nicht aufgehört. Und der Chef, der mich gepiesakt hatte, aber auch die Mutter die mich gemobbt hatte, saßen auch dabei.
 
Boah, ich sag euch ganz ehrlich, das hat schon gut getan!

Nickname 15.06.2017, 01.35| (9/8) Kommentare (RSS) | TB | PL | einsortiert in: beruflich