Es knallte so sehr, dass ich richtig Angst hatte. Die Hagelknödel kamen fast waagrecht daher.
Als ich fotografierte, waren sie schon ein bisschen kleiner. Ich hatte ja nicht gleich raus können. Denn nach dem orkanartigen Hagelsturm kam der sintflutartige Regen. Es war, als würde die ganze Wolke auf einmal runterfallen.
Die Nordseite des Hauses traf es schwer. Den Vorraum musste ich aufwischen. Aber das schlimmste geschah weiter oben. Ein eingeschlagenes Fenster und eines mit Riss. Das ginge ja noch. Als ich merkte, dass der Strom weg ist, fühlte ich mich zuerst hilflos. Ich rief den Nachbarn. Es war natürlich Freitag halbsieben, also nach Geschäftsschluss! "Was mach ich bloß?" Er nötigte mich energisch, bei der Ortsfeuerwehr zu fragen ob der Elektriker gerade bei einem der insgesamt sechzehn Einsätze mitmacht. Dort waren sie grantig, sie hätten alle Hände voll zu tun, war mir das peinlich! Nach mehreren anderen Versuchen fand der Nachbar die Telefonnummer vom Notdienst des Stromanbieters. Dort vertröstete man mich, es würde wohl Stunden dauern bis sie kommen, in unserem Ort sei viel passiert. Wir waren der am meisten betroffene Ort im Land.
Ich esse ja immer erst abends warm, in der Not diesmal halt nur Salat, kein Problem.
Der Vorraum hatte Licht. Aber nur der, dachte ich. Keine Steckdose dort. Eine Nachbarin kam gerade vom OP-Dienst und bot mir total nett Hilfe an. Als ich nichts brauchte ging sie, kam aber bald mit Keksen wieder. Ihr Stoffdach für den Grillbereich ist durchlöchert, mehr passierte dort nicht. Aber in der fast benachbarten Kirche gingen die Schmuckfenster zu Bruch.
Dann fiel mir plötzlich die Steckdose im angrenzenden Bad ein. Das ist eigentlich unbenützt, weil aufgegebene Baustelle wegen massivem Fehler eines Handwerkers. Aber eine Steckdose! Himmel, mit einer Steckdose ist schon viel gewonnen! Wasserkocher zum Beispiel!
Dann kam der Notdienst. Wir suchten mehr als eine Stunde lang den Vor-Sicherungskasten. Sowas hat jedes Haus! Davon hatte ich aber nie etwas gewusst. Wir durchsuchten sogar eine zugeklebte kleine Kammer über der Treppe. Im vollgeräumten Dachboden wurden Fächer entleert, nichts. Dort waren Wasserpfützen, oh Gott! Bis ich dann im Licht der Taschenlampe am Gang im ersten Stock ein kleines graues Etwas fand. Kleiner als beschrieben, aber das war er. Dort funktionierten allerdings sämtliche Sicherungen!
Oben am Dachfirst sah der Fachmann viel zu dünne Kabel. Zwei von dreien waren ohne Strom. Er reparierte von der inzwischen gerufenen Hebebühne aus, es war 24 Uhr und regnete ungemütlich.
Der Strom ging auch dann nicht....
Der Elektriker wusste nicht weiter. Ich ließ ihn schweigend lange nachdenken. Dann orderte er ein langes Kabel das erst in der Hauptstadt geholt werden musste. So sehr engagiert waren alle drei Männer der Stromfirma! Einfach vorbildlich! Um ein Uhr waren sie fertig. Ich hatte trotz meiner Krankheit fest mitgeholfen, Lampe gehalten, das schwere Kabel über die Schulter gelegt, die Leiter gehalten.
Die provisorische Lösung sieht man auf den Fotos. Das muss so etwa eine Woche bleiben. Bis sie wieder Zeit haben. Dann muss der Ortselektriker Wände aufstemmen und alles neu verlegen.
Man gönnt ich ja sonst nix.
Und ja, es wird euch auffallen, das 140 Jahre alte Haus ist in einem miserablen Zustand. Ich denke immer, soll ich noch investieren, wo ich doch eh nicht mehr lange lebe? Inzwischen geht hier alles kaputt! Auch
Dinge die ich selbst erneuern ließ, wie den Balkon zum Beispiel. Die beiden geschnitzten Bretter am Dachfirst habe ich zum Beispiel originalgetreu nachbauen lassen. Die Holzlasur ist da auch schon fast weg. Die Vorhänge zerreißen, Wände bröckeln, Geräte geben den Geist auf. Mir scheint, ich bin überfällig.