Ausgewählter Beitrag

Eine Katastrophe, gleich dort drüben

Manche Dinge kann ich nicht wirklich erfassen, beziehungsweise nur mit Hilfe bewusst rationalen Denkens.

Heute streifte eine grauenhafte Tragödie mein relativ sorgloses Alltagsleben und doch wirkte an jenem Ort wo es geschah alles wie immer, so als wäre gar nichts passiert.

Ich war mit dem Auto auf meinen üblichen Weg zur Schule. Kurz vor einer belebten Kreuzung, die schon seit dem Frühling umständlich umgebaut wird, stand ein Polizist und hinderte mich am weiterfahren. Auch an allen angesteuerten Parallelstraßen sah es ebenso aus. "Schon wieder" dachte ich ungeduldig, die bauen einfach nicht weiter, ich komme noch zu spät! Daher verweigerte ich den langen Umweg und fand trickreich mit Hilfe einer kleinen Gasse dann doch von der anderen Seite zu besagter Kreuzung.
Da steckte ich aber nun im dichten Stau und es ging überhaupt nichts mehr weiter.
Das Handy wurde gezückt und scherzhaft meinte ich zur Sekretärin: "Ich stehe ganz nahe der Schule im Stau, werde aber nie nie ankommen, hier nie wieder wegkommen, werde hier sicher sterben, verhungern, richte das bitte den wartenden Schülern aus, ja? Sie tröstete scherzhaft anteilnehmend, meinte "Kopf hoch, es werde schon, ich würde vermutlich dort eher doch nicht sterben, das eher nein".

Somit war das erledigt, zu spät kommen nun kein Problem mehr. Ich lehnte mich entspannt zurück. An der Kreuzung Alarm blinkende Polizeiautos, Menschen die zusammen standen, die Sonne lachte und das bunte Laub leuchtete mit dem blauen Himmel um die Wette.

Später erfuhr ich, dass durch einen Lastwagen ein 9-jähriges Kind totgefahren worden war. Der schuldige Fahrer und der etwas später zufällig hinzugekommenen Vater des Kindes hatten Nervenzusammenbrüche erlitten, diese Menschengruppe die ich sah war wohl das herbeigerufene Kriseninterventionsteam.

Es ist so. So kann es sein. So anders kann alles morgen sein.

Man verlange nicht von mir, dass ich diese Seite der Welt verstehen soll. Ich meine damit, ich weigere mich, es zu verstehen. Ich will nicht einsehen, dass es manchmal so furchtbar schrecklich zugehen muss.

Nickname 15.10.2007, 22.36

Kommentare hinzufügen


Kommentare zu diesem Beitrag

6. von Wu-Lan-Tong

Ich muss zugeben, ich habe im Moment auch irgendwie einen inneren Schutzwall aufgebaut :(
Ich falle sonst irgendwie von einer Fassungslosigkeit und eben auch Hilflosigkeit in die andere...

man hat das Gefühl, auf eine gute Nachricht folgen mindestens 10 schlechte :(



vom 17.10.2007, 16.43
5. von Inge aus HH

Liebe Tirilli,
wo Schatten ist, ist auch Sonne und wo Sonne ist, ist auch Schatten. Bei mir auf der Arbeit am Schwarzen Brett stehen auch schon wieder Namen schwarz umrandet, die ich gut kannte. Keiner wird verschont.

vom 17.10.2007, 13.49
4. von Claudia

jeden Tag liebe Tirilli, nicht nur einmal, sondern mehrmals - nur nicht immer gerade vor unserer Nase - zum Glück, sonst würden wir alle depressiv.

Mir geht sowas auch immer sehr an die Nieren. Doch ich musste lernen, dass Mitgefühl nicht mitleiden heißen muß.
Ich war schon mal depressiv - ich will es nie wieder sein.

Drum darf ich mich auf solche Dinge nicht so tief einlassen.
Im Moment prasseln ringsum Tragödien auf mich ein ...

der Anker, der mich nicht ertrinken lässt ist meine Hoffnung.

LG
C.

vom 16.10.2007, 23.28
3. von Eva

ach (((Tirilli))) vielleicht müssen wir das wirklich alles nur deshalb erleben, damit wir begreifen wie gut es uns geht .... traurige Grüße von Eva

vom 16.10.2007, 22.43
2. von Eveline

"... dass es manchmal so furchtbar schrecklich zugehen muss."

MUSS es??? frage ich mich immer wieder und doch scheint es so zu sein, unbegreiflich wie es ist... :(


Mir fällt grad auf, dass wir in letzter Zeit oft etwas in der Art von "wir wissen nicht was kommt, deswegen heute leben..." schreiben......

Busserls, liebe Tii....


vom 16.10.2007, 08.02
1. von Frau Waldspecht

In dieser Beziehung verweigere ich mich auch ...
Und bin sprach- und fassungslos ...
Der Sinn des Lebens? Warum muss es so furchtbar zugehen? ...
Fragen über Fragen, die wir nie beantwortet bekommen ...
((Tirilli))


vom 15.10.2007, 23.24