Ausgewählter Beitrag

Frauenhölle Pakistan

Jeder, der diese Überschrift übertrieben findet, wird seine Meinung vermutlich ändern, wenn er "Die Schuld, eine Frau zu sein" von Mukhtar Mai gelesen hat.

Die Situation der Frauen und Mädchen in Pakistan ist hundert mal so schlimm, als ich es mir je hätte vorstellen können.
Das ganze Ausmaß der Unmenschlichkeit gegenüber Frauen ist in wenigen Worten nicht zu beschreiben. Wer ein wenig über den Inhalt des Buches wissen will, sehe zu den Links ganz unten.

Trotz allem ist dieses schlicht geschriebene Buch nicht niederdrückend. Die Bauerntochter Mukhtar Mai ist einen schweren aber erfolgreichen Weg in die Öffentlichkeit gegangen. Lebenslänglich wird sie nun mit Polizeischutz leben müssen und ihr Kampf ist noch lange nicht gewonnen.

Geschrieben wurde das Buch von Marie-Thérèse Cuny. Sie verbrachte zwei Wochen im pakistanischen Dorf Meerwala. Anschließend schriebt sie die teilweise schon vorbereitete fremde Geschichte in Ich-Form auf. Mukhtar Mai unterschrieb dieses Buch, also wird es wohl auch authentisch sein. Auch wenn sie erst vor kurzem lesen gelernt hat, ihre gebildete Freundin Naseem ist beständig unterstützend an ihrer Seite und hilft wo sie kann. (Daher ist auch sie in ständiger Lebensgefahr.)

Was mich besonders an diesem Buch interessiert hat, ist die Denkungsweise der pakistanischen Gesellschaft. Natürlich nur die der Männer. Frauen haben nichts zu sagen, sie dürfen nur schweigen und ohne Widerspruch dienen.

Ein wenig bin ich für mich der Frage näher gekommen, wie es in dieser Ecke der Welt zu einer so massiven Terrorbereitschaft kommen konnte.

Der Widerspruch mit der Lehre des Koran erklärt sich unter anderem aus der immer noch existenten Tradition aus vorislamischer Zeit. In Pakistan gibt es das Kastenwesen, auch wenn das im Widerspruch zum Islam steht. Die Dorfstämme pflegen nach wie vor die Jirga, das sind traditionelle Stammes-/Dorfgerichte. Im Fall Mukhtar Mais hatte so ein Dorfgericht entschieden, dass sie vom mächtigeren Clan massenvergewaltigt werden darf. Ehre verliert man als Opfer und nicht als Täter eines Verbrechens. Ein Beispiel: Mädchen ist es verboten, mit Buben zu sprechen und umgekehrt, egal wie jung beide sind. Setzt sich eines darüber hinweg, ist die Familienehre des Buben so sehr befleckt, dass sie nur durch Rache wieder erlangt werden kann. Dies geschieht in vielen Fällen, durch Vergewaltigung einer Frau aus dem Familienverband des Mädchens, denn dadurch wird die Ehre des Familienoberhaupts zerstört. Dieser Frau bleibt dann fast nur der Selbstmord. Sie ist geächtet, schlimmer noch, es kann ihr passieren, wegen Ehebruch vor Gericht gestellt zu werden. Für den Beweis der Vergewaltigung bräuchte sie nach dem Gesetz 4 Zeugen. Selbstverständlich sind diese niemals aufzutreiben. So schweigen fast alle.

Liebe und eigene Wahl des Partners/der Partnerin wird in Pakistan meist wie ein Verbrechen geahndet. Pakistanischer Auffassung nach ist eine Hochzeit nicht nur Verbindung zweier Menschen, sondern auch zweier Familien.

Das ist eine Gesellschaft, die Liebe und menschliche Wärme verhindert. Die eine sehr eigenwillige Auffassung von Ehre hat. Die Frauen weniger Wert gibt als einer Ziege. Bei der Gewalt und Vergewaltigung an der Tagesordnung steht. Die eine der höchsten Raten des Analphabetismus in der Welt hat. (Frauen 71%, Männer 47% Analphabeten) Wen wundert es, dass diese Geisteshaltung Pakistan zum Terrorherd gemacht hat?

Die Bauerntochter Mukhtar Mai hat in ihrem Dorf eine Mädchenschule gegründet. Ich wünsche ihr viel Kraft für ihren aufreibenden Kampf und eine gute Zukunft.

Nachtrag:

Folgenden Satz des regierenden Staatschefs Musharraf habe ich in diesem Zusammenhang hier gefunden.

"Es gibt viele, die sich vergewaltigen lassen wollten, um anschließend ein Visum und viel Geld in Amerika zu bekommen."

Ich glaube, diese Äußerung muss man nicht weiter kommentieren, sie spricht für sich....

die tageszeitung      Südasien.info

Nickname 17.08.2006, 19.06

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Kommentare zu diesem Beitrag

5. von Elena

Ich danke Dir, daß Du diese Unsäglichkeiten klar und deutlich thematisierst!

vom 18.08.2006, 07.43
4. von Eveline

Harter Tobak......
(und es ist ja nicht nur in Pakistan so, ich denke da grad mal an die Bücher von Waris Dirie und so....)

Ich liebe Österreich.....
Aber nicht nur deswegen ;)

Schönen Abend-Huggels!!

vom 17.08.2006, 20.33
3. von erowyinn

Das ist Wahnsinn, eigentlich kaum nachvollziehbar für Menschen in einer Demokratie wie der unseren, dass so etwas möglich ist. Es gibt viel Elend auf der Welt, es ist schlimm ...

Solche Bücher zu lesen ist sehr unangenehm, aber ich lese sie ... hm, "gern" ist das falsche Wort, aber ich denke, Du weißt, was ich meine, oder? Aber ich kenne nur recht wenige authentische Bücher, bewege mich eher in anderen Genres, daher freue ich mich sehr, wenn ich auf solche Werke gestoßen werde ... ich werde mir beide (den von Dir genannten Titel wie auch den aus dem Kommentar von Christina) mal notieren und hoffentlich in der Bib finden ... sowas muss einfach viel bekannter werden. Waris Dairie hat es mit "Wüstenblume" damals geschafft, aber so etwas gelingt nur wenigen ...

vom 17.08.2006, 20.09
2. von christina

Ähnlich geht es in Gegenden des Westjordanlandes zu. Nachzulesen bei: Souad, Bei lebendigem Leib
Es gibt viele Bücher, die das Elend der Frauen in dieser Welt beschreiben.Aber auch: man braucht gar nicht sehr weit zu gehen-nur zum Jugendamt oder zu den sozialen Diensten um die Ecke oder ins Frauenhaus....Irgendwie hat dieser Wahnsinn überall System.

Lb.Gruß
Christina


vom 17.08.2006, 19.32
1. von bibberle

ja
es ist vieles nicht normal in dieser gegend der welt mmh
aber solange er brav das tut was die usa will der liebe herr "general" staatschef
wird kaum ein westliches land ihm an den "karren" fahren.
wut

vom 17.08.2006, 19.11