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Jugendkult und Aggression

Sagt euch der Begriff "Emo" etwas? Ich hörte am Wochenende zum ersten Mal davon. Lebe ich etwa hinterm Mond? Ich weiß nämlich gar nicht, muss ich diese Modeerscheinung eines kleinen Teils der Jugendlichen beschreiben, oder kennt das eh schon jeder?  *g*

Wer diesen Trend ebenso wie ich bisher nicht kannte, kann sich im Wikipedia oder zum Beispiel hier kundig machen.

Emo ist die Abkürzung von "Emotional" und meint unter anderem das Gegeteil von Coolness. Weitere Eigenschaften kann man ja in der 2. Verlinkung nachlesen, ich will nur noch darauf hinweisen, dass in dieser Szene die "Depri" anscheinend gepflegt wird, das sich selbst "Ritzen" kommt außerdem häufiger vor als bei anderen Gruppierungen.

Anlass für den Artikel durch den ich darauf kam, sind zunehmende Aggressionen gegen die Emos durch andere Jugendliche. Auch in unserem provinziellen Winkel trauen sich viele nur noch zu zweit auf die Straße, weil sie aggressiv beschimpft, regelrecht verfolgt und sogar körperlich angegriffen werden. Auch diese Reaktion anderer junger Leute scheint gerade in zu sein.

Ich habe zwei Schülerinnen von denen ich annahm, dass sie die Szene kennen, darauf angesprochen.
Die eine, ein gestyltes Persönchen mit Hang zur Individualität schimpfte geleich los. "Die halten sich für was Besonderes, die meinen, sie seinen DIE Trendsetter, dabei ist das alles nur oberflächliches Theater, da ist nichts dahinter! Die ritzen sich, hören ihre eigene Musik, stylen sich so arg und machen auf Weichei!"
"Machst du auch mit, wenn die auf der Straße offen abgelehnt werden?"
Äh... ja, eigentlich schon.... aber nicht mit Attacken, das nicht, ich bin gegen Gewalt."
"Aber du bist doch politisch so engagiert, gegen Rassismus und all das. Wobei unterscheidet sich denn das von Rassismus? Anders geartete Menschen zu verfolgen, das ist doch sehr ähnlich, was ihr da macht?"
"Tja...." und sie zuckte nur mit den Schultern und sagte nichts weiter.

Es kommt mir wirklich so vor, als wenn die Menschen sich immer ein Feindbild suchen müssten. Ist keines da, so sucht man sich halt eines!

Und die Emos? Da spielt wohl die Gruppenbildung, die Opposition zur als kalt empfundenen Gesellschaft und ein eher pessimistisches Grundgefühl die entscheidende Rolle. Man kann sie ruhig als eine Art Jugendkultur bezeichnen. Solche Strömungen haben oft neue Tendenzen in die Gesellschaft gebracht oder sogar Weichen zu einem neuen Grundgefühl gestellt. Auch wenn der Trend wohl bei vielen als oberflächlich bezeichnet werden kann, es bleibt darin ein Kern den man beachten muss. Dass dieser Kern eher dunkel und melancholisch bis selbstzerstörerisch zu sein scheint, wirft kein gutes Licht auf unsere derzeitige Gesellschaft.

Nickname 08.04.2008, 01.01

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Kommentare zu diesem Beitrag

8. von Claudia

grad tzufällig beim Suchen nach was anderem gefunden:

Noch mal Emo-Kenner Christian Rüd:

Christian Rüd: "Was sich ja dann auch in diesen zahllosen Internetvideos niederschlägt, wo sich zahllose Kinder weltweit den Kopf zerbrechen, ob sie Emo genug sind für Emo. Dass sie auch tatsächlich Angst haben, dass sie jetzt den - nirgendwo verbindlich niedergeschriebenen - Ansprüchen nicht gerecht werden, Emo genug zu sein."

Eigentlich ist diese Verunsicherung ja ganz typisch für Jugendliche: Sich selbst hinterfragen, Orientierungslosigkeit, Weltschmerz. So geht's halt zu, in der Pubertät. Trotz allem Hass erklärt das vielleicht am besten den Erfolg der Bewegung: Früher hat man es Pubertät genannt, jetzt heißt es halt Emo.

Quelle: Zündfunk Br 2
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vom 18.04.2008, 20.22
7. von Claudia

achwas? ich habe bisher auch noch nicht gewußt, dass die Emotionalität inzwischen zum Trend hochstilisiert wurde.

Dabei würde ich mich selbst auch als hochemotional bezeichnen - impulsiv, intuitiv, gefühlsbetont bis enthusiastisch :)
Doch wenn ich das auslebe, dann immer mit einem gesunden Touch Selbstironie.

Aber was ich gar ned abkann ist, wenn sich jemand in Selbstmitleid suhlt oder Emotionen künstlich hochstilisiert.

Wenn ich erkenne, dass jemand dramatisiert und Theater spielt, dann löst das bei mir tatsächlich Aggressionen aus.

Doch bei Jugendlichen würde ich das nicht so dramatisch sehen, das verwächst sich, wie so manches.
Bei jungen Menschen müssen erst die Verknüpfungen im Gehirn neu geschaltet werden. Bei manchen geht das scheinbar nur über das eine oder andere Extrem.

Viel schlimmer sind die Erwachsenen, die immer noch in pupertären Verhaltensweisen stecken geblieben sind.

Wir sprechen hier nicht von durch schlimme Erlebnisse traumatisierte Personen!

Wünsche eine gute Nacht und danke für den Denkanstoß.

C.


vom 09.04.2008, 00.40
6. von Eva

danke, Tirilli .... bisher wusste ich davon noch nichts .... aber es ist so interessant, dass sogar mein Sohn bei Dir reinschaut um zu wissen, was wir so wissen .... ich werde mal aufpassen, ob ich solche Emos sehe .... LG von Eva :) ))

vom 08.04.2008, 23.18
5. von no ghosts here

Auch hier in Mexiko sind die Medien voll mit Berichten bis hin zu Massenschlaegereien, die mit den Emos zu tun haben. Kurios daran: OHNE solche Berichte haette ich wie Eveline nie von dieser Bewegung oder wie man es nennen will gehoert.

vom 08.04.2008, 13.24
4. von vonferdl

die heutige jugend .....
(so hat schon vonferdls urgroßmutter gejammert)
:D

vom 08.04.2008, 12.12
3. von

Emo - nie gehört.
Die 'Emos' erscheinen schwächer und somit bieten sie Angriffsfläche....

Ich glaub, du hast dem Mädel einen guten Denkanstoß gegeben....
Oft muss man sie nur ein bisserl schupfen.....

dir Busserls, Eveline

vom 08.04.2008, 08.37
2. von Veety

Danke für den Beitrag, liebe Tirilli.
Das "Feindbild" in der Gesellschaft ändert sich ständig. Ob nun (Mods), Hippies, (Yuppies), Punks, (Gothics), Emos ... es sind immer Bewegungen, die aus der jugendlichen Ecke kommen; fast immer ein gesellschaftlicher Zusammenhang.

Die nicht geklammerten Bewegungen richte(te)n sich gegen Entwicklungen des Establishments, mit all ihren gesellschaftlichen Konsequenzen.

Seit einiger Zeit haben die Emos quasi die Rolle der Märtyrer übernommen. Im Gegensatz zu den Punks allerdings sehr emotionial, sowohl positiv (freundschaftlich) wie auch negativ (depressiv, selbstzerstörerisch).

Interessant ist, dass sie allgemein als "Weicheier" abgetan werden. Dabei müssen sie eine Menge Mut beweisen, wenn sie sich so kleiden (etc.) und sich dementsprechend verhalten (z.B. küssen J/J - M/M), was durchaus eine Art Outing darstellt.

Die "harten" Jungs/Männer und Mädchen/Frauen sollten sich mal überlegen, das sie selbst eigentlich gesichtslose Mitläufer einer gesellschaftlichen Gewissenlosigkeit sind und damit der augenblicklichen Erwartungshaltung des Establishments entsprechen.

LG Veety

vom 08.04.2008, 07.50
1. von Oskar Unke

Hallo Tirilli,
Kranke Menschen gebieren eine kranke Gesellschaft Hier klicken
und umgekehrt eine kranke Gesellschaft hat eine Rückkoppelung auf die Menschen.


:(
VG
Oskar

vom 08.04.2008, 03.08