Ausgewählter Beitrag
Über die Rache
Die gelungene Rache des Angehörigen oder Opfers hilft nicht, die Dunkelheit aus dem Herzen zu verscheuchen. Ganz im Gegenteil nun hat er einen zweiten Schrecken mit sich herumzuschleppen, den seiner eigenen Tat.
Warum sagt CeKaDo in einem Kommentar unten, der Gegner der Todesstrafe würde nicht an die Angehörigen denken? Das ist eine Schlussfolgerung die ich so nicht akzeptieren kann. Ich halte das für einen Trugschluss. Das eine schließt das andere doch nicht aus, lieber geschätzter CeKaDo! Ich habe schon auch mal versucht, mich in die Qual des Angehörigen hineinzudenken.
Beispiel Marc Dutroux. Mir fällt kein schlimmeres menschliches Ungeheuer ein, zumindest unter den Lebenden. Ja natürlich, noch die Terroristen wie Bin Laden oder Sarkawi, aber das ist eine andere Geschichte.
Ich ertappte mich damals, als die Berichterstattung über seine Gräueltaten alle Gazetten füllten, bei sehr bösen Gedanken, Rachegefühle, wünschte ihm die schlimmsten Qualen in seiner Haft, die schlimmer sein sollten als der Tod. Dann wurde mir bewusst, wie er auch mich auf diesem Weg beschmutzt und verfinstert. Diese Macht über mich wollte ich ihm nicht „gönnen“ und ich hatte mir selbst diese negativen Gedanken verbeten.
Ich habe Verständnis für die Rachegefühle der Angehörigen und tiefes Mitleid mit ihnen wenn ich von ihrer Pein lese. Und es ist mir klar, dass der Täter ihr Leben für alle Zeit schwer beeinträchtigt hat. Auch durch die negativen Rachegedanken die er ihnen als Folgewirkung aufzwang. Genau deswegen schrieb ich auch diesen Absatz da unten, unter dem Zitat von Mahatma Ghandi. Und genau deswegen begann ich dieses Thema mit dem Zitat von Leo Tolstoi.
Einzige Lösung für die Opfer scheint es zu sein, im Glauben Trost zu finden, mehr Hilfe gibt es leider nicht.
Ich würde mich über kontroversielle Meinungen und Diskussionsbeiträge freuen.
Liebe Bärenmami,
ich gebe dir mit fast allem recht, mehr noch, ich wünschte, ich hätte deine ersten drei Sätze selbst geschrieben. Du hast mir wieder einmal bewusst gemacht, wie viel innere Arbeit hinter dem Verzeihen steckt. Auch bei leichten Fällen, wie bei Freunden und Angehörigen aber auch bei schwereren, wie zum Beispiel bei Kindheitstraumata durch Fehler der Eltern.
Jedoch, wenn sich nur solche die mit sich selbst im Reinen sind an Konflikte anderer wagten, wären viele hilfreiche Worte nicht gesprochen worden. Wer kann schon von sich sagen, mit allem versöhnt zu sein? Vielleicht können wir uns so einigen: An Konflikte anderer wagen mit dem Vorsatz Positives zu bestärken und außerdem, es sehr rüchsichtsvoll zu machen. Und am wichtigsten: Immer mit dem Bewusstsein, irren zu können.
Lieber CeKaDo,
du hast ja recht mit der Aussage, dass Unerlebtes Theorie bleibt. Wenn diese Theorie aber im Ansatzpunkt aus einer mitmenschlichen Einstellung entsteht, ist sie doch trotzdem nicht ganz von der Hand zu weisen? Ich finde, es geht hier um grundsätzliche Dinge, wenn du willst, Ideale. Die werden zwar nicht immer der individuellen Situation gerecht, aber sie sind andererseits doch auch nicht gar nichts. Ideale haben schon viel angerichtet in der Menschheitsgeschichte, sie sind, kommt mir vor, die drititmächtigsten Beweggründe überhaupt. (Neben dem schnöden Mammon und dem Machtbedürfnis.)
Grundsätzlich würde ich auch Gewalt anwenden um zu schützen, ist ja klar. Trotzdem bleibe ich bei meiner Einstellung, dass Gewalt nur Gegengewalt provoziert und daher möglichst zu vermeiden ist. Sieh mal, wie wir uns da annähern :-))
Aber wegen der Bertha von Suttner, also DAS habe ich noch nie gehört, was du da schreibst. Auch wenn du es vermutlich nicht ganz ernst meintest, machtest du dich doch zum Anwalt der Rache. Aber wie ich vermute, weil ich dich schon ein wenig kenne: Meintest du eventuell, man solle ein wenig Verständnis dafür haben?
Liebe Viola,
ja, stimmt schon, aber dann wäre doch jedes Hineindenken nicht nur umsonst sondern auch falsch? Mangelt es nicht vielen gerade daran und genau das macht sie dann fähig, Böses zu tun? Ich wage mich doch lieber an Ideale. Ist es nicht besser, man hat welche ohne gleich zu fürchten, sie könnten Blasphemie sein?
Ich weiß nicht, andererseits klingt alles so richtig was du da schreibst....
Ich glaube auch an diese Instanz.
Liebe Barbara, du sprichst mir aus der Seele!
Nun, es ist theoretisch möglich, sich hineinzudenken in : Was wäre wenn!
Aber ich mag es nicht! Ich denke, ich kann nicht sagen Ich bin gegen die Todesstrafe, gegen Gewalt, gegen Rache, ohne mich festzulegen!
Ich bestimme, dann somit doch im vorhinein meine Reaktion vor!
In diesem speziellen Fall, um den es hier geht, um wirklich riesiges Leid des (der) Betroffenen will ich das nicht tun! Weil es unmöglich für mich ist, das vorauszusagen!
Weisst du, die Opfer sollen verzeihen, sollen schauen, was der Täter alles durchgemacht und erlitten hat, welch schrecklich Kindheit etc.!
Vielleicht hätte ich diesen Grossmut, vielleicht auch nicht....
Fakt ist, auch das Opfer ist ein Mensch!! Wo hatte der Täter seinen Grossmut versteckt?
vom 04.03.2005, 21.43