Ausgewählter Beitrag

Von der Seele geschrieben...

Was bloggt man, wenn das Leben für einen gerade nur aus Alltag und Beruf besteht?

....nach diesem Satz saß ich nun länger da und dachte nach, denn so stimmt das auch wieder nicht.
Es ist viel mehr so, dass ich die Außenwelt im Moment etwas mehr ausblende um der Innenwelt mehr Raum zu geben. Und darüber kann man nur schwer bloggen, man sollte sowas ja nicht zu sehr in den öffentlichen Raum stellen.

Ich dachte immer, dass ich mich gut kennen würde. Langsam erkenne ich, wie sehr ich mich da geirrt hatte.
Es ist jetzt die Zeit der Aufarbeitung meiner desaströsen Kindheit.

Da geht es um halbbewusste Gedankenabläufe die sich früh festgesetzt hatten und ein unbeschwerteres Leben verhinderten.
Wie es funktionieren soll, durch solches Wissen der lebenslänglichen latenten depressiven Grundstimmung zu entkommen, weiß ich noch nicht, aber ich versuche, auf dem Weg zu sein. Wie bei allen Dingen die ich angehe, tu ich es mit ganzem Herzblut. Da kann man doch nicht einfach irgendwas Vergnügliches bloggen....

Heute Vormittag hörte ich ein kleines Kind, wie es in höchsten Tönen einfach seinen Gefühlen freien Lauf ließ. Seit Neuestem habe ich nämlich eine Krabbelstube direkt neben meinem Haus und vormittags gehen sie immer für eine Stunde raus, direkt vor meinem Wohnzimmer. Normalerweise erfreue ich mich an diesen Klängen der etwa zehn Zweijährigen. Sie klingen manchmal alle miteinander fast wie Tierchen, eines heult, ein anderes juchzt, das dritte kreischt einfach vergnüglich und steckt prompt alle anderen an, es gleich zu tun. Und normalerweise muss ich dann lächeln.

Aber heute war das anders. Plötzlich spürte ich schmerzhaft, wie es mir in dem Alter und auch später ergangen war. Ich machte zwar als kleines Kind bei sowas dann auch mit. Aber zugleich dachte ich stets, ich dürfe das nicht, denn ich sei zu unwert mich ebenso frei gehen zu lassen, ich dachte, als Mindere hätte ich nicht das Recht dazu. Und weil ich trotzdem mitgemacht hatte, plagte mich dann schlechtes Gewissen.

Da könnt ihr jetzt vermutlich nicht mit, nicht wahr? Oder doch?
Das war die Folge jener schwarzen Pädagogik von der ich unlängst schrieb....

Man trägt stets seine Kindheit in sich, keiner kann sich davon lösen. Man ist im Grunde immer noch das Kind bis zu seinem Lebensende....

Es kommt nur darauf an, wie man damit umgeht.

Aber wie geht man damit um, wie bannt man die alten Geister?

Eigentlich wollte ich heute etwas über meine Arbeit schreiben. Und dann ist wie von selbst dieser Beitrag entstanden. Natürlich wieder viel zu lang.... Und ich habe wieder viel zu Privates preisgegeben....

Ich bin wirklich unverbesserlich!

Nickname 20.01.2010, 02.02

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Kommentare zu diesem Beitrag

7. von Brigida

Werdet wie die Kinder, heisst für mich, sich weniger Gedanken machen, ob man das nun schreiben, tun oder lassen soll, weniger Angst haben, etwas mutiger sein, lachen und weinen gleichzeitig, nicht immer das schlimmste "denken".... einfach machen, dann kommts schon richtig;o) Das glaube ich ist auch mit dem Satz gemeint und ich hoffe, dass es so richtig bei dir ankommt...
Ansonsten geht es mir ziemlich ähnlich wie dir, aber ich arbeite dagegen...
glg Brigida

vom 22.01.2010, 09.58
6. von Brigida

Liebe Tirilli
Ist doch toll, deine Feststellung, das du unverbesserlich bist;o) Ausserdem darf ich dir sagen, dass es eben so ist, was niemand begreifen will. Es gibt da einen Satz in der Bibel, der deinen Worten widerspricht: Werdet wie die Kinder und euer ist das Himmelreich!
Auch ich habe "tolles" erlebt in meiner Kindheit und Jugend, an dessen Folgen ich heute noch knabbere. Jedoch musst du doch auch sagen, dass du (wie ich und manch andere auch) in der Zwischenzeit zu vielen Erkenntnissen gekommen bist "und das Beste" aus deinem Leben gemacht hast und wie mein Vater schon sagte: Lass nie den Mut fallen. Ja und du musst für Dich erkennen, dass du zwar von beiden Elternteilen Deine Gene erhalten hast, ABER ganz sicher einen oder mehrere Schritte weitergekommen bist als sie, die das zu ihrer Zeit nicht schaffen konnten, weil sie manches einfach nicht wussten, was dir heute bewusst ist.
Liebe Tirilli, vielleicht verstehst du, was ich dir sagen will? Ich stand auch oft an einem Punkt, wo ich nicht wusste, wie ich es aushalten könnte... Es hat mir auch ein paarmal geholfen, das was ich nicht aushalten konnte, aufzuschreiben, für mich. Zu lesen habe ich es nur meiner Mutter vor einigen Jahren gegeben, worauf sie meinte: Mein Gott, dann hast du aber was hinter dir!
Ich möchte dich herzlich bitten, nicht alles auf die Kindheit und Jugend zu schieben, bzw. sich an der Vergangenheit aufzuhalten. Klar entwickelte man sich aus der Vergangenheit heraus, aber IN DIE ZUKUNFT! Wir müssen uns darauf konzentrieren, was es zu sehen, zu lesen, zu riechen, zu hören, zu sprechen und zu schreiben gibt...
Und wenn du es kannst (ich kann es nicht), einfach irgendwo rumbrüllen;o)
Tanzen, Joga, Autogenes Training, soll auch gut sein, bzw. ist gut. Und wenn du hier in DEINEM Blog kannst du alles schreiben was dir passt :nachdenk: , ansonsten sehe ich keinen Sinn in sowas, das Leben ist nicht immer Heiter Sonnenschein, auch wenns manche Leute immer so haben wollen...;o)
glg Brigida

vom 20.01.2010, 16.51
Antwort von Nickname:

Liebe Brigida, vielen Dank für deinen langen Kommentar.
Einiges verstehe ich, anderes wieder nicht. "Werdet wie die Kinder" in diesem Zusammenhang zum Beispiel. Was meintest du speziell damit?
Anderes verstehe ich wie gesagt sehr gut und du hast meist total recht.
Nur eins, da geht es um Dinge, die einfach nicht mit dem Verstand in den Griff zu kriegen sind. Aber mit dem Verstand kann man sich helfen, Denkmuster zu verändern...
Tja, so ungefähr....
Liebe Grüße!
5. von Monika

Es ist gut, dass du jetzt anfangen kannst, all das Dunkle aus deiner Kindheit aufzuarbeiten. Tu es mit dem Willen, es loszulassen, das ist wichtig.

Unterbrich den Kreis aus Minderwertigkeitsgefühl (warumauchimmer) , trotzdem das machen WAS DU FÜR RICHTIG FANDST IN DIESEM MOMENT, daraus resultierendem schlechtem Gewissen und dem danachwieer miderwertig fühlen.

Wenn ich was ausgelassen habe, wirst dus einfüllen können.
Die Unterbrechung des Kreises ist wichtig, denn der Kreis hält sichso selbst aufrecht.

Dann kannst du alles mit dem nötigen Abstand und positiveren Gednaken dazu sehen.

Man kann sich vielleicht nicht ganz von solchen Sachen distanzieren, aber so weit, dass man unbeschwert leben kann, glaub mir.

Liebe Grüße, Monika

Ach ja, ich schließ mich meinen Vorrednerinnen an!!!


vom 20.01.2010, 14.11
Antwort von Nickname:

Liebe Monika, danke für deinen Kommentar. Du verstehst, ich sehe es....
Ich bin am Weg, immerhin :-)
Danke!
Liebe Grüße!
4. von Sinta

Ich melde mich fast nie, aber heute muß
es sein. Ich bin sehr dankbar für Tirillis Beiträge und Violas Kommentare
und glaube, daß hier vielen Lesern geholfen werden kann.

vom 20.01.2010, 10.56
Antwort von Nickname:

Hallo Sinta.
Wirklich? Das hilft anderen?
Ich staunte, als ich das gestern las. Meinst du in der Form, dass andere sich dann auch trauen, mehr von sich preiszugeben? Oder dass andere sich wiederfinden? Das interessiert mich!
Danke für deinen so lieben Kommentar!
Liebe Grüße! 
3. von Gabriela

aber vor allem einmalig!
Und ich schliess mich der Luposine an, was zählt ist das heute und dass Fehler sich nicht wiederholen.
Es wird schon seine Gründe haben, warum es aus dir herausfliesst, nu isses draussen und du kannst dich hoffentlich am Juchzen der Kleinen erfreuen :-)

Geisterbannergrüsse von Gabriela

vom 20.01.2010, 10.10
Antwort von Nickname:

Oh Gabriela! Dass du noch in all deinem Stress und deinem im Moment so schweren Leben noch Zeit für mich findest, das war jetzt sehr herzerwärmend!
vielen Dank! Luposine hat wieder den Kopf auf den Nagel getroffen! Wie bitte? Umgekehrt? Auch ja, stimmt. :o)
Mit dem Juchzen muss ich wohl noch ein bisschen warten, aber gemessen an dir geht es mit ja prächtigst... ((Gabriela)) Ich drück euch weiterhin Daumen und Zehen! Bin übrigens immer bei dir im Blog, auch wenn ich wenig kommentiere und hoffe mit ganzer Kraft, es möge bald ganz stark bergauf gehen!
Alles Liebe!
2. von Eveline

Es wäre durchaus verbesserlich, wie du dich heute siehst, mit dem letzten Satz machst du dich ja wieder selber runter!!! :wut:

Wenn's sonst niemand tut, tust du's selbst; vergiss die Schmähungen von damals und hör auf all die, die dich HEUTE lieben und schätzen - das wäre ein guter Anfang!!

Bussalans, liebend und schätzend!
Eveline

vom 20.01.2010, 09.41
Antwort von Nickname:

Hach Luposine, du redest ja wie meine Th. Wiedermal hast du es genau getroffen, ist ja wieder mal typisch! Maaa... ;-)
Dankschee! Und: Knuddels!
1. von Viola

Ich vermute, Dir können mehr Menschen gedanklich folgen in dem, was Du beschreibst, als Du glaubst.
Aber ein Patentrezept über den Umgang mit dieser "dunklen Seite" der Kindheit gibt es wohl kaum.
Meine Eltern leben noch, stehen mir aber nur bedingt Rede und Antwort, entweder haben sie Dinge vergessen oder ich habe heute eine lückenhafte Sichtweise auf meine Kindheit und kann Dinge nicht wahrheitsgetreu widergeben.
Deswegen versuche ich da nicht mehr viel "hochzuholen".
Aber ich bin in der glücklichen Lage, mich distanzieren zu können, weil zwischen uns auch eine räumliche Trennung liegt von über 600km.
Ich liebe meine Eltern, aber besuche sie nur einmal im Jahr für wenige Tage, länger kann ich nicht aushalten.
Ich beobachte oft bei irgendwelchen Erinnerungen, die ich schilder, dass da sowas wie schlechtes Gewissen bei meinen Eltern mitschwingt und ich vermute, dass ich da nicht so falsch liege.
Nachfragen tu ich nicht, denn meine Eltern waren auch nur Menschen, die keine "Schablone" zur Erziehung hatten (wir waren 4).
Kurzum, ich vergesse nicht, bin aber heute in der Lage, zu verzeihen und ich bin ziemlich nah bei mir, bewusst, um mir aufzuzeigen, dass ich auch nicht alles richtig mache und gemacht habe.
So ist es leichter, mit gewissen Situationen umzugehen.
Ich übe sozusagen, Mensch zu werden.
Und das den Rest meines Lebens - eine schwere Übung, die mich voll in Anspruch nimmt. Aber ich mache Fortschritte und so bin ich`s zufrieden mit mir.
Es fühlt sich an, als würde bei mir aus einer ehemaligen Depression mit den Jahren eine anhaltende Melancholie werden, sehr willkommen, denn ich möchte nie vergessen, in welches Loch ich nie mehr fallen will.
....
"Melancholie ist das Vergnügen, traurig zu sein!" V.m.Hugo

vom 20.01.2010, 07.22
Antwort von Nickname:

Danke Viola!
Danke besonders, dass du auch von dir erzählst! So bin ich nicht alleine... :-)
Meine Eltern sind schon länger tot. Da ist das irgendwie anders. Man kann sich besser befreien... dachte man. Aber da sind dann diese Gedankenabläufe im Hintergrund die man ohne professionelle Hilfe gar nicht einmal wahrnehmen würde.
Der Umgang, das Patentrezept... Es muss jeder auf seine Weise machen. Der einzige Weg ist wohl, glückshemmende Prozesse zum Besseren umzuwandeln. Aber alleine schafft das wohl kaum einer.
Das mit dem "Nicht Hochholen" ist nur dann richtig, wenn es eh nicht von selbst kommt. Ist es aber nun mal da, ist es auch im Jetzt. Und dann sollte man das anschauen... Das ist neu Gelerntes! :-)
Das mit dem schlechten Gewissen der Eltern ist wohl Standard. Jeder macht Fehler, jeder ist das Produkt seiner Vergangenheit, auch wenn man gutwillig ist passiert was.... Und so geht es "bis ins siebente Glied" weiter, wie so schön in der Bibel steht.
Wir krabbeln weiter, gell?
Liebe Grüße!