Die amerikanische Freundin erzählte mir von der Hochzeitszeremonie ihrer Tochter. Sie hätten sich gegenseitig neben eigenen Texten auch dies und das aus der Literatur vorgelesen. Unter anderem die letzten zwei Seiten von Hermann Hesses Siddharta.
Neugierig wie ich bin, kramte ich gleich das Buch heraus und las diese zwei Seiten. Und dann ein paar erste Seiten auch.
"Oh mein Gott!" dachte ich, "ist das schwulstig!" Und: "Kann man das überhaupt noch lesen wenn man alt ist?" Diese Gedanken muss ich in nächster Zeit aktiv hinterfragen.
Als ich achtzehn war las ich dieses Buch in einer einzigen Nacht und die Begeisterung war überbordend. Es folgten sämtliche anderen Romane von Hesse. Eines begeisterte mich mehr als das andere. Aber Siddharta blieb Favorit.
Dieses berühmteste seiner Werke wurde damals bei belesenen jungen Leuten zum Kultbuch!
Mit meiner Zimmerkollegin im Studentenheim lasen wir uns jeden Abend vor dem Einschlafen ein Zitat aus Hesses Werken vor und kommunizierten ein wenig darüber. Ich hatte da eine tolle Sammlung. Das Buch ist leider verloren, zu schade!
Vor ein paar Jahren kaufte ich mir eine gebundene Jubiläumsausgabe des Gesamtwerkes von Hesse. Die alten Taschenbücher waren ja schon vergilbt und zerfleddert. Aber ich merkte gleich, dass es mich nicht mehr so begeistert wie früher und legte gleich das erste Buch zurück.
Wo ist meine Leidenschaft für Hesses Ideale hin? Aber was verloren ist muss ja nicht verloren bleiben. Ob ich mich erst wieder einlesen muss? Ob die Begeisterung der Jugend mit Unerfahrenheit und Naivität zu tun hat?
Hermann Hesse gilt allerdings als großer Dichter! Also ran an die Klamotten!
Und was sagt ihr?