Blogeinträge (Tag-sortiert)

Tag: Kulturkritik

Von heute und über Rigoletto

Was für ein trüber Tag ohne Licht!

Da kann man wirklich nur den Tag verpennen. Also, den rechten Daumen in den Mund gesteckt, in der linken Hand ein Johanniskräutlein gefasst, es zart in halber Faust verborgen und weggeträumt... ;-)

Ich habe jetzt tatsächlich eineinhalb Stündlein auf der Couch geschlafen. Gestern waren wir noch lange in einem lauten verrauchten Lokal herumgestanden und hatten die anderen mit unseren Stimmen zu überschreien versucht, um überhaupt gehört zu werden. Seltsam, dass viele junge genau das zu ihrer Wochenend-Lieblingsbeschäftigung machen.

Rigoletto war von der Leistung der Sänger her "so lala" bis sehr gut, Regie und Bühnenbild aber begeisterten ungemein! Da waren zwei ganz große Künstler am Werk und sie verdienen es, vor den virtuellen Vorhang gestellt zu werden:
Die Regisseurin Jasmin Solfaghari und der Bühnenbildner Marc Gläser

Die wenigen Bilder von der Inszenierung sind diesmal auf der Webseite vom Stadttheater Klagenfurt nicht besonders gut, die faszinierenden Bühnenbilder sieht man gar überhaupt nicht.
Ich finde, bis vor kurzem war die Webseite des Stadttheaters viel besser gestaltet! Wie ich weiß, hat der neue Intendant seine eigenen Vorstellungen gegen alle durchgedrückt und nicht gerade viel Erfolg damit.

Nickname 24.11.2007, 18.28 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Opernkritik

Wer sagt, dass man nicht krank ins Theater gehen kann. Na und in die Oper sowieso ;-) Vollgestopft mit Hustenblockern sah und hörte ich heute "Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss in unserem Theater.
Ein größtenteils gelungener Abend.  Bühnenbild und Kostüme gefielen mir sehr, die Inszenierung auch, bis auf einen Einwand: Das Herumgewälze auf dem Klavier hätte bitteschön doch irgendwann von einer neuen Idee abgelöst werden können! Spätestens als Bacchus auftrat, der natürlich dann auch mal kurz wälzte, wurde es öd! Was sich nicht auf den Liebesakt am Ende gemünzt sein soll, der passte schon wie er war. :-))

Die Musik von Richard Strauss finde ich wunderschön und spannend. Das Orchester war bei dieser Vorstellung über sich selbst hinausgewachsen! Die Sängerpartie war leider nicht sehr homogen. die Ariadne war ja gut besetzt (Edith Haller), die Zerbinetta (Daniela Fally) sogar sensationell gut, begeisternd in jeder Hinsicht! aber der Rest des Teams... naja... Bacchus war vollkommen fehlbesetzt, dass man so einen kaputten Sänger heutzutage überhaupt noch engagiert! (Oder war er sehr indisponiert?)

Alles in allem aber trotzdem ein hörens- und sehenswerter Abend.

Nickname 06.10.2007, 00.58 | (3/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Literaturerziehung und die Oper Wozzeck

Ich schimpfe manchmal lustvoll über Deutschlehrer, die ihre Schülern zu früh verpflichten, Literatur zu lesen, die eigentlich für ältere Leser geschrieben wurde. Ist doch schade, argumentiere ich dann, der Dichter XXX hat sich´s bei einigen der spätpubertären Teenies sicher für immer verdorben. 

Dabei bleibe ich, bin mir aber nicht mehr in jedem Fall so sicher. Eine literarische Grundkenntnis ist vielleicht doch nicht so schlecht. Vorausgesetzt, die Literatur wurde nicht durch schwarze Pädagogik zum Feindbild gemacht.

Ich hatte einen Deutschlehrer, den wir alle sehr verehrten. Niemand von uns kam bei ihm auch nur im Entferntesten auf oppositionelle Gedanken. Ganz im Gegenteil, er war der Oppositionelle, was Tendenzen der Gesellschaft betraf.

Und er liebte unsere Klasse. Wenn ein kranker Lehrer zu vertreten war, tat er es, obwohl er es als Direktor der Schule hätte delegieren können. Wir hatten ihn auch in Psychologie und zwar immerzu und wenn es nur ging. :-))

Das Referat, dass er mir 17-Jährigen zuteilte, hatte das Thema Georg Büchner. Viel zu schwer für das Alter! Aber ich war von dem Lehrer begeistert, also musste auch das Thema etwas Begeisterndes haben, sonst hätte er es nicht ausgewählt. So meinte ich und machte mich ernsthaft daran, diesen Dichter für mich zu erobern. Das Gesamtwerk ist ja nicht sehr umfangreich. Aber puh....! Ich hatte mir mein Scheitern damals jedenfalls nicht eingestanden. Und immerhin, ein vermutlich doch recht ansehnliches Referat wird wohl da gewesen sein. Weil ich ja begeistert sein wollte.

Mir ist klar, damals verstand ich nur die Oberfläche. Und doch, ich habe das Gefühl, trotzdem davon profitiert zu haben. Ich erfuhr, wie die Welt sein kann, wie dunkel, wie anders, wie verrückt. Wie Menschen von Mächtigeren kaputt gemacht werden können, falls sie das zulassen und dass es andere Lebenswelten gibt und wie die sich vor etwa 150 Jahren angefühlt haben. Außerdem, das klingt zwar oberflächlich, ist aber eine angenehme weitere Komponente.... ich konnte beim Thema Büchner mitreden. Ha, mitreden fühlt sich supergut an! ;-)

Heute war ich in der Oper. Gegeben wurde die erste atonale Oper der Musikgeschichte und die dunkelste noch dazu. Wozzeck von Alban Berg, nach dem Fragment Woyzeck von Georg Büchner. Mir war das Werk sehr vertraut, aber ich verstand heute, wie wenig ich damals verstanden hatte. Auch das fühlte sich gut an. :-)

Die Inszenierung ist von Olivier Tambosi. Er sorgte für ein sehr gelungenes Opernereignis. Besonders die überzeichnete Rollenführung des Hauptmanns und des Doktors begeisterten mich. Irgendwie erinnerten sie trotz ihrer ernsten Bösartigkeit an Figuren der Comedia del Arte. Hier sieht man sie, in der Mitte Wozzeck. Meisterhaft gesungen und gespielt haben sie alle drei. Das guckkastenartige schräge Bühnenbild symbolisiert die verquere enge Sicht der Protagonisten, ihre Seelenqual wurde durch das Herumkriechen im knöcheltiefen Sand stimmig symbolisiert. 

Ein spannender Opernabend, auch wenn die Musik vermutlich viele abgeschreckt haben dürfte.

Wozzeck in Klagenfurt

Nickname 27.04.2007, 02.44 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Beethovenklänge aus Bonn

Heute besuchte ich das Konzert des Beethovenorchesters Bonn.
Unter der Leitung von Roman Kofman wurde die Ouvertüre "Leonore" und die Symphonien Nr. 7 und 8 von Ludwig van Beethoven gespielt.

Sie spielten in meinen Augen sehr deutsch! ;-)

Präzise, klangvoll, gekonnter "Beethovenstil", wuchtiges, manchmal schneidendes Portato, gute Tempi. Eben Beethoven wie er "gehört". Ein aufregendes Klangbad, wie es keine CD wiedergeben kann. Was mir fehlte, war der romantische Anteil in Beethovens Musik, ein wenig Schmelz in den Themen, freiere Schlüsse.

Aber macht nichts, ich bin für die Vielfalt, erst recht bei Interpretationen. Ein österreichischer Beethoven hat vielleicht mehr Romantik, aber dafür vielleicht manchmal nicht so kraftvoll feste Dynamik. Jedes hat seine Berechtigung.

Nur am Programm habe ich zu mäkeln. 2 Symphonien des gleichen Komponisten hinterienander ermüden. Auch die Musiker. Das hörte man! Die Siebente war viel schöner gespielt als die Achte!

Nickname 20.04.2007, 00.32 | (0/0) Kommentare | TB | PL

König Lear

Von William Shakespeare.
Eines dieser Königsdramen bei denen zum Schluß 90% der Protagonisten eines gewaltsamen Todes gestorben sind.
In Klagenfurt eine Inszenierung, in der die Frauen in Hosen und die Männer in langen Röcken gekleidet sind, der zukünftige König fast ständig einen Müllsack-Lendenschurz trägt, wo auf kahler Bühne Müll angeweht wird und harte Pop-Musik das Schlachten wirkungsvoll untermalt.

Aber es hat gepasst. Und gerade wegen der spannenden Inszenierung war es ein wunderbarer Abend. Beeindruckende Schauspielkunst, besonders von Wolfgang Hübsch.
Einzige Kritik: die Damen nuschelten, vieles war schwer zu verstehen, auch wegen mancher zu lauter Klänge der Band.

Oft hätte ich gerne diesen oder jenen denkwürdigen Satz Shakespeares aufgeschrieben. Einer lautete ungefähr:

"Es ist dumm, alt zu werden bevor man weise geworden ist" ...oder so ähnlich.

Merke ich mir, ich bleibe jung!! *g*

Videoclip mit Szenenausschnitten (wer nur kurz reinsehen will, sollte den kleinen Regler eher zur Mitte schieben, die ersten Szenen sind nicht sehr aussagekräftig)

König Lear in Klagenfurt

Nickname 10.03.2007, 00.55 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL