Ausgewählter Beitrag

Die Schlafwandler

In meiner Heimatstadt lebte eine Frau mit ihrer Tochter.
Beide wandelten im Schlaf.

Eines Nachts, als alle Welt schwieg, trafen sich Mutter und Tochter
schlafwandelnd in ihrem nebelverhangenen Garten.

Und die Mutter sprach und sagte:
"Endlich habe ich dich, Feindin!
Du warst es, die meine Jugend zerstörte,
und auf den Ruinen meines Lebens bist du groß geworden.
Ich möchte dich töten!"

Und die Tochter erwiderte und sagte:
"Verhaßtes Weib, selbstsüchtige Alte.
Immer noch stehst du meiner Freiheit im Weg.
Mein Leben soll wohl immer nur ein Echo deines Lebens sein.
Ach, wärest du doch tot!"

In diesem Augenblick krähte der Hahn und beide Frauen erwachten.
Voller Sanftmut fragte die Mutter "bis du es, mein Herz ?"
und die Tochter antwortete sanftmütig "ja, liebe Mutter".

Khalil Gibran

Diese interessante Geschichte fand man gestern bei Engelbert im Lichtblick. ("der Gedanke")

Viele gute und interessante Gedanken findet man dort in den Kommentaren! Ich hatte auch kommentiert, aber jetzt fiel mir etwas dazu ein, dass ich für mich selbst hier "konservieren" will und euch zur Diskussion übergebe. Vielleicht kommen noch ein paar Gedanken über Gibrans starke Zeilen dazu, das wäre toll! :-))
Und es würde den ursprüngliche Sinn dieses Blogs erfüllen! Mich interessierte der fruchtbare Austausch von Gedanken, solche, die mich vielleicht auch mal etwas weiter bringen. Das Thema spricht mich aus familiären Gründen an. Also, so übersetze ich das für mich:

Wer sich selbst in die Sanftmut so sehr eingenäht hat, dass der innere Wolf Atemnot bekommt, der darf sich nicht wundern, wenn der in Momenten heulend nach Luft schnappt, in denen man es am wenigsten erwartet.

Nickname 08.08.2006, 00.33

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Kommentare zu diesem Beitrag

6. von Vodia

Was würde wohl passieren, wenn die beiden Frauen im Wachzustand sich und die andere mit ihren ungeheuerlichen Haß-Gefühlen konfrontieren?

Es wäre sicher schmerzlich, doch es beinhaltet auch die Möglichkeit des Verstehens und Verzeihens. Die Schlußsätze könnten dann ehrlich sein und nicht mehr Heuchelei.

So wird es verdrängt und ewig schwelt es im Inneren fort und fort und wird das Leben beschatten.

Ich habe meiner Mutter auch harte Wahrheiten gesagt und wir lieben uns trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen?

Nun wo sie sehr krank ist und es nicht sicher ist wie lange ich sie noch habe, schone ich sie und nehme manches Opfer auf mich.

Das was Barbara schreibt, mit dem "kontrolliertem Wolf" ist genau das was auch ich meine: nicht alles in sich hineinfressen, sondern sich rechtzeitig Luft machen, bevor sich diese negativen Gefühle als Groll manifestieren und einen von innen heraus langsam vergiften. Wir sind nicht immer nur gut und lieb, wer das von sich behauptet ist entweder ein Heiliger oder ein Lügner.

Alles Liebe
Vodia


vom 09.08.2006, 10.43
5. von

Hallo Tirilli und Barbara!

@Tirilli: ich habe aufgeatmet, als ich deine Antwort las. Danke! Im Nachhinein hatte ich nämlich das Gefühl, ein totales Negativbild gezeichnet zu haben. Es ist ja nicht so, daß mir laufend Menschen begegnen, die mich aus der Reserve locken ;-) .

Ich finde nie, daß ich gut schreibe, hatte jedoch schon mal den Wunsch, eine Art Tagebuch zu schreiben...
Aber zum einen bin ich wirklich nur ein ganz normaler Anwender ohne große technische Begabung für HTML u.ä. und zum andern bin ich jemand, der sehr gern seine Gedanken „mittels“ schöner Verse, Märchen und Geschichten, die ich entdecke, entwickelt und schreibt. Ich brauche ich die Poesie und gerade hier sind dermaßene Grenzen durch die Copyrights gesetzt, daß ich nicht verwenden könnte, was ich möchte, sondern nur, was ich darf.




Das war zwar nicht dein Thema, aber ja auch eine Bemerkung von dir. Schade, daß ich deine kindischen Scherze nicht zu lesen bekam :-)

@Barbara: Ich hoffe, du hast deine Migräne überstanden? Gute Besserung! Ein starker Gedanke, das „Böse von dem Inneren“!
Daß die rechtzeitige Bewältigung von Konflikten verhindert, daß sie ein Eigenleben führen und unkontrollierbar oder wie du so schön sagst, „wölfisch“ werden. Im Nachhinein versuchen zu verstehen, warum die Konflikte entstanden oder jemand oder ich so und nicht anders gehandelt haben, darein legen wir wahrscheinlich nicht genug Sorgfalt; darum bin ich dir dankbar für den Hinweis!
In diesem Zusammenhang kann auch ich „böse Träume“ nachvollziehen. Ich glaube, wir wissen intuitiv, bei der Frage nach dem „Warum“ könnten wir an Grenzen stoßen, die uns grausam erscheinen und Angst machen. Angst auch davor, daß wir jemandem oder uns jemand nicht verzeihen könnte oder niemals vergessen, was wir falsch gemacht haben, oder erfahren, alles nur ein perfekter Schachzug statt Wahrheit.

Der Gedanke wird verdrängt, besser, die Bewältigung, es tut vielleicht weh und gärt im Innern weiter und wird zum „Bösen des Inneren“, weil es negative Gedanken sind und damit negatives Verhalten auslöst. Stell dir mal vor, jemand träumt über dich... "Verhaßtes Weib, selbstsüchtige Alte. Immer noch stehst du meiner Freiheit im Weg. Mein Leben soll wohl immer nur ein Echo deines Lebens sein. Ach, wärest du doch tot!" Manchmal wünscht man sich wohl auch, daß „ein Hahn kräht“ und man erwacht.
Sie waren wichtig und gut, deine Gedanken zu Tirillis Thema, versuchen zu verstehen.

Euch beiden ganz liebe Grüße von
Julia





vom 08.08.2006, 19.10
4. von Bärenmami

Versuchen wirs mal trotz der Migräne (ob es der innere Wolf ist, der da um sich beißt? ggg neee, ich weiß wo es herkommt)
Liebe Julia und liebe Tirilli!
Natürlich müssen wir uns dem "Bösen" stellen: Im Akuten Notfall werde ich für meine Lieben, (dazu zählen auch die Katzen und überhaupt Notfälle irgendeiner Art) zur "Wölfin", wie Du, Julia, so gut sagst. Ich unterscheide da zwischen dem "Bösen" von außen und dem Inneren. Es ging ja gestern um Mutter und Tochter, um die unterschwelligen negativen Gefühle. Die rechtzeitige Bewältigung (der Traum ist da eigentlich zu einschränkend, ..das Bild paßte aber gestern gut) solcher Konflikte verhindert, daß sie ausarten, ihr wölfisches Eigenleben entwickeln und unkontrollierbar werden. Es geht also nicht drum sich "einzunähen", sondern um rechtzeitige und angemessene Bewältigung.
Wie setze ich das im Umgang mit meinen Kindern um? Wie mit meinen Eltern..wie gehe ich im NACHHINEIN damit um?
Ich lasse den Wolf kontrolliert laufen..Bei den Kindern ist es einfacher: Ehrlichkeit, Offenheit, der Mut Negatives behutsam anzusprechen, so daß ihr Wolf auch unter Kontrolle bleiben kann. (sehr vereinfacht gesagt)
Viel schwerer ist es im Nachhinein. DAs führt zu "bösen Träumen", Situationen aus unserem Leben, die uns verfolgen, die mit Bewältigung nichts mehr zu tun haben, unser Leben kaputt machen können. Erste Regel ist da für mich genau wie bei allem: ich versuche herauszufinden, warum es passiert ist. Warum hat jemand so gehandelt. Ich heiße seine Tat NICHT im Nachhinein für gut, ich versuche nur zu vestehen. Das kann dem nach Luft schnappenden Wolf helfen...kontrolliert zu atmen.
Liebe Grüße
Barbara


vom 08.08.2006, 13.50
3. von Karin O.

Ein ganz starkes Bild, was du da mit Worten zeichnest. Gefällt mir sehr gut.
Leider bin ich nicht so gut darin und kann es hier nur einfach kommentieren, was ich so beim Lesen empfunden habe.
Gruß
Karin


vom 08.08.2006, 13.15
2. von

Guten Morgen Tirilli,

ich hatte gar nicht so sehr den Eindruck, daß deine Flügelchen wieder gerichtet werden müssen, aber ich fand
deine Äußerung interessant und muß zugeben, daß ich diesen letzten beiden Zeilen aus Khalil Gibrans Geschichte die wenigste Aufmerksamkeit gewidmet habe, viel zu sehr hatten mich dieser für mich schreckliche Dialog zwischen Mutter und Tochter bzw .die Kommentare hierzu beschäftigt.

SANFTMUT ist ein Thema für sich, Sanftmut, das klingt so engelhaft. Wie schriebst du: „Voller Sanftmut" ... das ist das Schlüsselwort. So sind wir nicht gebaut....“
Und was Barbaras Meinung dazu betrifft, die du so uneingeschränkt teilst, das wäre der Idealzustand, aber jetzt sage ich .....So ist das Leben nicht: Am Tage die Liebe leben und nachts das Böse im Traum bewältigen.... Leider müssen wir dem Bösen auch am Tage standzuhalten in der Lage sein.

„Nie sind unsere Gefühle ganz schwarz oder ganz weiß“, schreibt Barbara und sehr treffend und passend dazu finde ich deine Gedanken.

Ich kann es aus eigener Erfahrung bestätigen, was du mit dem „inneren Wolf“ beschreibst, der unverhofft „heulend nach Luft schnappt“.
Bin ich sanftmütig? Ich glaube, ja. Zumindest bin ich ein ruhiger und sehr friedvoller Mensch, der sehr gern in Harmonie leben möchte und zunächst immer an das Gute im Menschen glaubt. Ich versuche wirklich immer, anderen so zu begegnen, wie ich es mir umgekehrt auch wünsche. Nein, ich bin kein Engel, sicher auch voller Fehler, aber im Umgang mit Menschen versuche ich generell, deren Würde nicht zu verletzen.

Kaum etwas finde ich im Gefühlsbereich verachtenswerter, als einen Menschen ganz bewußt zu verletzen oder zu kränken.
Ebenso schlimm finde ich Menschen, die sich ständig voller Zorn und Entrüstung über die Fehler anderer ereifern, als hätten sie selbst die Tugend für sich gepachtet.



Und genau an dieser Stelle kommt auch bei mir zum Ausbruch, was du den „inneren Wolf“ nennst.
Deshalb ist Sanftmut auch immer ein bißchen die Ruhe vor dem Sturm.
Ich wundere mich jedoch nie darüber, wenn dieses Gefühl „im unerwarteten Moment“ zum Ausbruch kommt.

Wenn mir (oder Menschen, die ich liebe) so etwas, wie oben bezeichnet, widerfährt, dann ist es absolut vorbei mit meiner Sanftmut, dann kann ich selbst zur Wölfin werden und ich habe auch nicht die Absicht, das je zu ändern. Ich verachte Unrecht und vorsätzliche Verletzungen und habe es bereits von meinem Vater in die Wiege gelegt bekommen, mich dagegen zu wehren. Zum Glück!

Auch wenn ich bisher nie darüber nachgedacht habe; es ist wohl genau so, daß gerade Menschen, die im Grunde ihres Herzen sehr sanftmütig sind, um so emotionaler und böser reagieren, wenn sie aus heiterem Himmel verletzt oder in ihrer Ehre gekränkt werden. Eben weil sie sich allgemeinhin
„in die Sanftmut so sehr eingenäht“ haben.

Deinen angeschnittenen Punkt könnte man an interessanten Beispielen beliebig ausweiten, was hier aber den Rahmen sprengen würde, auch wenn du es zur Diskussion ausgesetzt hast.
Ob meine eigenen Gedanken für dich fruchtbar waren, vielleicht auch hinsichtlich deiner familiären Gründe, weiß ich nicht. Aber ich habe eben mal unter aphorismen.de nachgeschaut, was dort unter Sanftmut zu finden ist und nehme das folgende Zitat von Luther mit auf meinen eigenen Weg:

„Sanftmut ist der Himmel, Zorn die Hölle, die Mitte zwischen beiden ist diese Welt. Darum, je sanftmütiger du bist, desto näher bist du dem Himmel.“

Ich wünsche dir viele gute Hinweise und Hilfen

LG Julia
:)

vom 08.08.2006, 10.13
Antwort von Nickname:

Liebe Julia!
Dein Kommentar gefällt mir ausnehmend gut, vielen Dank!! Genau so etwas wollte ich, und weißt du was? Ich weiß gar nicht, was ich nun dazu schreiben soll, wir sind ja hier einer Meinung.
Auch dein Kommentar im Lichtblick schätze ich, außerdem, du schreibst so gut, wie schade, dass du kein Blog hast!
Das mit den Flügeln bezog sich übrigens nur auf einen meiner kindischen Scherze bei Luposine. :o)
Liebe Grüße
Tirilli

 


1. von Eveline

Zum Gedankenaustausch komm ich später wieder *habkoazeit*, jetzt lass ich dir nur liebe Huggels da und streich dir deine Flügelchen wieder glatt :)

Busserl***

vom 08.08.2006, 09.10


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