Ausgewählter Beitrag

Von einer Schwäche

Was ich jetzt schreibe, fällt mir nicht leicht, ich sehe es als persönliche Unzulänglichkeit. Und doch will es raus.

Auf dem Weg zur Tierärztin kollerten mir schon die Tränen. Ich fürchtete, dass es der letzte Weg für Tschutschi sein wird. Halbwegs beherrscht und manierlich schaffte ich es dann doch noch in den Warteraum. Es saßen einige da. Und dann verlor ich die Fassung. Alle Gefühle damals mit Frau Schnuzl waren da, der ganze damalige Horror schoß mir ins Hirn, ganz frisch und nochmal erlebt. Der gleiche Warteraum, die gleiche Situation. Ich wendete mich halb weg und weinte mit zuckenden Schultern still in mich hinein. Ein Pensionist, auch mit Katze, saß da und konnte gar nicht einfühlsam sein. Er redete zu mir dummes scherzhaftes Zeug, von sich, von seiner Frau und deren Katzengeschichten.

Neben ihm saß eine Frau in meinem Alter. Ich solle mir die Trauer doch erlauben, es rauslassen, meinte sie, annehmend, dass das Ende meines Kätzchens da sei, ich hatte ihr auf ihre Frage hin erzählt. Sie sei ehrenamtlich im Hospiz tätig und wisse, man solle seine Gefühle nicht zurück halten. Als sie dann später mit ihrer Katze aus der Ordination zurück kam, griff sie meine Schulter und fragte, ob ich jemanden hätte, der mich stützt. Ich musste verneinen. Sie bot mir an, am Nachmittag mit ihr im Wald zu spazieren. "Waldspaziergang hilft sehr!" rief sie überzeugt. Ich lehnte vielmals dankend ab, ich müsse in die Arbeit.

Oh weh, was habe ich für einen Eindruck bei ihr hinterlassen. Ein schwacher Mensch der Hilfe braucht, weil er zu schnell umkippt.

Und jetzt widerspreche mir keiner, es ist so! Es ist lebensuntüchtig. Vorgestern in der Klinik kam eine Frau ohne Katze aus der Ordination. Die war gerade eingeschläfert worden und die Frau weinte nicht! Das ist besser!
Kommt noch dazu, dass ich im Kopf eine Fehlsteuerung habe. Weinen vermeide ich schon mein Leben lang. Es erleichtert mich nicht. Im Gegenteil, es macht mich für viele Stunden ganz kaputt. Auch jetzt noch, 12 Stunden später bin ich so fertig davon, dass ich am liebsten nur herumliegen würde.

Nickname 19.11.2010, 23.35

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Kommentare zu diesem Beitrag

8. von Brigida

Ganz und garnicht lebensuntüchtig finde ich das. Es zeigt nur, was für ein sensibler, liebenswerter Mensch du bist und du solltest stolz sein, so zu sein. Es gibt nur sehr wenige Menschen, die ihre Gefühle zulassen, wenn sie denn welche haben. Ganz liebe Grüsse und fühle dich umarmt ganz feste und versuch, dich am Wochenende auszuruhen...Deine Brigida

vom 20.11.2010, 11.10
7. von Ingrid

möchte mich Kerstin anschließen! Sie hat so recht.
Alles erdenklich Gute für Dich und Tschutschi!

vom 20.11.2010, 10.40
6. von Viola

Keine Tränen - ich habe mal in meinem Tagebuch darüber geschrieben, dass ich nie heule und nur meine allerbeste Freundin hat es gelesen - und geweint!
Es passiert genau das, was passieren muss nach der Tränenflut - Du sollst dann ausruhen.
Trauer und Tränen sind überhaupt kein Zeichen von Lebensuntüchtigkeit - soweit kommt es noch!
Was weisst Du denn über die Frau, die da nicht weinte weil die Katze eingeschläfert wurde - wie lanege brauchte sie um zum Ausgang zu kommen?
Weisst Du, ob sie vorher schon weinte, Abschied genommen hat zu Hause? Weisst Du, ob sie vor der Tür anfing zu weinen, oder zu Hause, oder erst einen Tag später realisiert, dass liebgewordene Gewohnheiten nicht zurück kommen? Was weisst Du über sie? Ob sie wirklich so stark ist, wie Du glaubst und das nur, weil sie nicht weint?
Genausoviel, wie diese Menschen im Warteraum über Dich wissen - nämlich nur, das Du traurig bist, weil Dein Kätzchen leidet - jeder trauert und leidet, wie es für ihn gut ist.
Ausserdem schreibst Du es ja selbst - Dir kam alles wieder hoch von damals...und vieles mehr an Gedanken. Jede Deiner Tränen steht vermutlich auch für ein Wort, das Du nie ausgesprochen hast, für eine Schwäche, die Du nie zugeben durftest oder wolltest, für die tiefe Traurigkeit, die Du nie erklären konntest - nicht vor Dir und nicht vor Irgengwem. Ein Abschied - das sind Trauer und Tränen, ein Abschied von dem, was nie ausgesprochen, nie gefühlt, nie genommen, nie gegeben wurde - deswegen sind diese Tränen so anstrengend.
Es geht nicht nur um das Kätzchen...
Lebensuntüchtig - dass ich nicht lache, ich glaube nach wie vor, dass man als Individuum geboren wird und erst durch die harte Schule des Lebens gehen muss, um als Mensch in der Welt ankommen zu können.



vom 20.11.2010, 09.49
5. von Sinta

Liebe Tirilli,
sowas ist möglich,ich habe mich von Anfang an in Tschutschi verliebt und jetzt weine ich mit Dir mit, was das Zeug hält. Lebensuntüchtig ist das nicht, sondern menschlich und notwendig.
Alle Daumen sind gedrückt.

vom 20.11.2010, 09.01
4. von Elena

Liebe Tirilli,

ich kann mich den Vorschreiberinnen nur anschließen: sei so, bleib so, wie Du bist!
Und mach Dir bitte-bitte nicht ständig Vorwürfe, daß Du ja "schuld" seist an Tschutschis Schicksal nun.. es ist passiert, tragisch freilich, aber niemals wolltest Du es so, es geschah eben.
Tschutschi spürt Deine Liebe, da kann ich Josi nur beipflichten.
Und wie Josi, Kerstin und Anne meinen: zu weinen ist niemals ein Zeichen von Schwäche; und ja: jede Person trauert anders, geht anders mit Herausforderungen des Lebens um.

Ich wünsche, hoffe und vertraue drauf, daß Tschutschi es schafft, wieder gesund zu werden. Und vielleicht sollten die ÄrztInnen wirklich zusammenarbeiten?

Aber Du, Tirilli: Du BIST stark.

GLG E.

vom 20.11.2010, 08.56
3. von ANne

Liebe Tirilli, ganz im Gegenteil: Du bist nicht lebensuntüchtig. Ich kam heute früh her, weil ich mir dachte, du warst so lang nicht hier...
Kommentare habe ich nicht gelesen, nur alles mit deinem Tier. Mir liefen beim Lesen dieses Artikels ein paar Tränchen runter, aber so bin ich. Und du bist, wie du bist! Von wegen und lebensuntüchtig.
Lass die Trauer zu, und vielleicht kannst du diese Frau, die im Hospiz arbeitet, noch einmal ansprechen. Von wegen und schwach :wut:
ich widerspreche dir nicht, nur: besser finde ich es nicht, dass die Frau ohne Katze nicht geweint hat. Sie hat es bestimmt nur bis draussen zurückgehalten. Als unser Keif vor 2 Jahren eingeschläfert werden mußte, haben wir auch getrauert. Und Trauer gibt es auf verschiedene Weise. drückt sich unterschiedlich aus. Heute noch, wenn Hartmut Bilder von ihm sieht, wird er oft ganz ruhig.
Liebes, lass es zu. Ich wünsche deiner Kleinen, dass sie - ja, was jetzt? - durchhält? selbst entscheidet, was für sie...?
Schwer, ich weiss. Das kann dir niemand abnehmen...
Traurig grüßt die ANne

vom 20.11.2010, 05.57
2. von Kerstin

Liebe Tirilli,

wann Du einen körperlichen Schmerz hast, schreist Du es hinaus. Wann Du einen seelischen Schmerz hast willst Du es einsperren?? :nachdenk: Tu das bitte nicht, es wird Dich lange quälen!!
Und dann vielleicht wirklich lebensuntüchtig machen??
Deine Gefühle und Emotionen sind vollkommen legitim!!!Du bist ein Mensch mit Leib und Seele und fühlst.
Ja Tränen kosten Kraft und Energie, aber Du verarbeitest.Das ist ähnlich einer Selbsttherapie!! Und soviel lebenstüchtiger als Du möglicherweise vermuten würdest!!!
Warum ist nicht weinen besser?
Ich hab leider schon so viele Viecherln gehen lassen müssen und jedes war seine ganz speziellen Tränen wert!! Auch wenns weh tut!!
Ich nehm dich in den Arm und drück Dich!
Alles Liebe
Kerstin

vom 20.11.2010, 00.36
1. von Josi

Hallo aus Bruttig. Eigentlich war ich jetzt gerade auf den Sprung ins Bettchen und hatte mir gedacht, dass ich nicht immer meinen "Senf" hier ablassen muss, weil ich ja auch nicht einschätzen kann, wie das ankommt.
Nun lese ich, weil ich gerade den neuen Eintrag sah, und dachte, mit der Kleinen sei jetzt noch mehr passiert, schau nach, und lese dann Dein mit Dir ins Gericht gehen.
Wieso lebensuntüchtig? Weil Du ein Mensch bist, der weinen kann?
Ich fände es dramatisch, wenn Du eiskalt und ohne Regung wärest. Und wenn Du glaubst, dass ich hier nicht immer noch heule, weil ich Rover und Söckchen verloren habe, muss ich Dich enttäuschen. Ich fühle mich nicht lebensuntüchtig, ganz im Gegenteil. Das was bei Dir mitschwingt ist, dass Du Dir Vorwürfe über die vorhandene Situation machst, weil sie so blöde entstanden ist. Aber glaub mir, die KLeine weiß sehr genau, dass Du sie liebst und niemals ihr was tun wolltest. Lebensuntüchtig sind für mich Menschen, die wie Eisblöcke durch das Leben gehen oder aber Mitleid heuscheln und denen dann in den Arsch treten, wenn das Leben für sie wieder vorwärts geht. Klar ist man nach dem Ausbruch von Tränen kaputt. Es kostet Energie und Kraft. Das aber auch nur, weil man Gefühle hat und die dann auch ausbrechen wollen.
Also hör auf das zu schreiben!
So, und nun bitte nicht beißen, tut mein Hund ja auch nicht.

Lg und ein Streichler für die Kleine

Josi

vom 19.11.2010, 23.53


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